Wahlprogramm Kommunalwahl 2019

Wahlprogramm Kommunalwahl 2019

Präambel

Weil wir hier leben …

Liebe Erfurterinnen und Erfurter,

Erfurt ist eine schöne, lebendige und lebenswerte Stadt, die gleichermaßen für Geschichte und Zukunft steht. In Erfurt wohnen und arbeiten ganz unterschiedliche, aber vielfach engagierte Menschen, die sich jeden Tag überwiegend ehrenamtlich für unsere Stadt und ein gutes Miteinander einsetzen. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind das friedliche Zusammenleben sowie die kulturelle Vielfalt kennzeichnende Merkmale urbaner Lebensqualität.

Im Jahr 30 nach der friedlichen Revolution gilt es einmal mehr, für Demokratie und eine offene Gesellschaft zu streiten. Demokratie muss erfahrbar sein. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es Anliegen und Verpflichtung zugleich, unserer Grund- und Freiheitsrechte, die mutige Frauen und Männer 1989 auf der Straße erstritten, auch heute zu verteidigen. Erfurt ist kein Ort für Nazis, Rassist*innen, Hass und Hetze. Wir zeigen Mut und Haltung.

In Erfurt wurde am 4. Dezember 1989 die damalige Stasizentrale in der Andreasstraße besetzt, um die Akten vor der Vernichtung zu bewahren und Aufarbeitung zu ermöglichen. Heute ist die Andreasstraße Bildungs- und Gedenkstätte, Erinnerungsort und Mahnmal zugleich. Hier ist und bleibt Geschichte lebendig.

Die Attraktivität Erfurts resultiert für uns in erster Linie aus dem Einsatz und dem Verantwortungsbewusstsein der Erfurter*innen für ihre Stadt – sie ist aber auch eine Bestätigung für die Stadtpolitik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den zurückliegenden drei Jahrzehnten. Denn GRÜNE Politik für Erfurt ist geprägt vom Einsatz für eine nachhaltige Stadtentwicklung, für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz, für solidarische Mobilität, für eine kinder- und familienfreundliche Stadt, für gute Bildungschancen und soziale Gerechtigkeit sowie für eine vielfältige Gesellschaft!

Erfurt wächst. Immer mehr Menschen zieht es hierher. Doch das Wachstum stellt Erfurt auch vor große Herausforderungen. Nahezu die gesamte Infrastruktur ist unter Druck geraten: Ob Kinderbetreuung, öffentliche Verkehrsmittel oder bezahlbarer Wohnraum – die Nachfrage ist spürbar gestiegen. Auch der dringende Bedarf nach Kita- und Schulneubauten sowie Sportstätten oder der überfällige Ausbau des Radwegenetzes fordern ein entschlossenes Handeln der Politik. Zudem ist uns bewusst, dass die soziale Spaltung in Erfurt bittere Realität ist.

Wir haben uns vorgenommen, diesen Herausforderungen und Entwicklungen erfolgreich zu begegnen:

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Welt, in der wir leben. Nur wenn wir unsere Umwelt und unser Klima schützen, werden wir eine lebenswerte Zukunft haben. Deshalb muss Stadtpolitik darauf ausgerichtet sein, den Natur- und Klimaschutz voranzutreiben. Um diese Ziele zu erreichen, soll Erfurt mit ehrgeizigen Energie- und Klimaschutzprogrammen die Energiewende und eine umweltfreundliche Mobilität vorantreiben. Wir wollen Erfurt zu einem ökologisch orientierten Lebens- und Wirtschaftsstandort mit zukunftsfähigen Arbeitsplätzen entwickeln.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekennen sich zu einer nachhaltigen und soliden Haushalts- und Finanzpolitik, verbunden mit der Zielsetzung eines ausgeglichenen Haushaltes. Wir müssen alle Voraussetzungen erfüllen, damit nachfolgenden Generationen die Gestaltungsspielräume erhalten bleiben, die ihnen zustehen. Trotzdem gilt es, auch und gerade in Zukunft und Nachhaltigkeit zu investieren.

Wir wollen eine soziale Stadt, mit Teilhabechancen für alle, die gute Bildungseinrichtungen von der Kita über Schule und Ausbildung bis zur Universität und Erwachsenenbildung bietet, ansprechende Jugend- und Senior*innenhäuser, soziokulturelle Angebote und Beratungsstrukturen für alle Lebenslagen bereithält.

Wir brauchen eine Stadt mit Freiräumen für alle. Dazu gehören Spielplätze, Parks und Gelegenheiten zum Verweilen im öffentlichen Raum. Jeder Mensch muss Zugang zu bezahlbarem Wohnraum und einer guten Versorgung im Alter haben. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen Chancengleichheit für alle und setzen sich gegen Diskriminierungen aller Art ein.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen sich in Erfurt in einer besonderen Verantwortung: Erfurt ist eine bunte Stadt, in der Menschen verschiedenster Nationalitäten und Kulturen und aus allen Generationen miteinander leben. Ob hier geboren, aufgewachsen oder von Nah und Fern für kurz oder lang nach Erfurt gekommen: Alle Menschen sollen sich hier zuhause fühlen und gut leben können.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen Erfurt ökologisch, gerecht und modern gestalten. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, bauen wir fest auf die gemeinsame Verantwortung und den Einsatz der gesamten Stadtgesellschaft. Deshalb setzen wir uns für mehr Transparenz, Mitbestimmung und Einwohner*innenbeteiligung ein. Politik darf nicht in Hinterzimmern stattfinden, denn Politik ist den Menschen Rechenschaft schuldig. Uns ist wichtig, zentrale politische Weichenstellungen gemeinsam mit den Erfurterinnen und Erfurtern zu diskutieren und zu entwickeln.

Weil wir hier leben: Erfurt gemeinsam weiter denken.

Damit unsere Ideen und Konzepte für die Stadt Wirklichkeit werden, brauchen wir Ihre Unterstützung. Sie können bei und mit uns aktiv werden. Und: Sie können uns wählen. Wir freuen uns über Ihre drei Stimmen und Ihr Vertrauen bei der Stadtratswahl am 26. Mai.

Umwelt- und Naturschutz

Umwelt und Naturschutz –für eine ökologische Stadt

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für die Bewältigung großer Umweltherausforderungen ein. Wir wollen unsere Umwelt schützen, die Artenvielfalt erhalten und die Herausforderungen des Klimawandels für Erfurt zukunftsorientiert angehen. Es geht uns bei all diesen Themen nicht nur um den Schutz der Stadtnatur. Es geht uns auch darum, in Erfurt gut, entspannt und gesund leben zu können. Genau dafür brauchen wir eine ausreichend begrünte Stadt.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich bisher stets stark gemacht für ökologische Konzepte und ihre Umsetzung. Die grüne Handschrift ist in diverse Konzepte der Stadt eingeflossen wie das Klimaschutzkonzept, das Radwegekonzept oder den Maßnahmenplan biologische Vielfalt. Künftig müssen wir diese Anstrengungen fortführen und intensivieren, damit Konzepte umgesetzt werden und nicht in Schubladen verschwinden. GRÜN macht hier den Unterschied! Wir stehen für vielfältige Bündnisse und den Blick über den Tellerrand. Darum ist uns der Austausch mit anderen Städten in Netzwerken wie Bio-Städte, Fairtrade-Town, Nachhaltige Kommune, Kommunen der biologischen Vielfalt und mit unseren Partnerstädten wichtig.

Auf Initiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist das Gemeinschaftsprojekt „Lagune“ in der Krämpfervorstadt dauerhaft gesichert worden. Wir werden uns weiterhin für zivilgesellschaftliche Zwischennutzungen für Bauflächen nach dem Modell „Lagune“ oder „Wir-Garten“ einsetzen. Bei Umweltthemen setzen wir uns für eine breitere Bürgerbeteiligung ein, beispielsweise im Rahmen der „Neuen Erfurter Bürgerbeteiligungskultur“ unter Einbindung des neuen Beteiligungsrats. Das aktuell breit diskutierte Nachhaltigkeitskonzept setzt Ziele bis 2030. Diese wollen wir mit Entschlossenheit erreichen. Dazu sind ausreichend finanzielle Mittel in den städtischen Haushalt einzustellen und das Umwelt- und Naturschutzamt als zentraler Akteur der Stadtverwaltung personell und finanziell zu stärken.

Wasser für Erfurt

Der Sommer 2018 zeigte deutlich, welche wichtige Rolle Wasser in unserem Leben und für Erfurt spielt. Wasser wird zunehmend wichtiger für die Anpassung unserer Stadt an die Folgen des Klimawandels. Über das Blattgrün und städtische Wasserstellen sorgt Wasserverdunstung für angenehme Abkühlung der Umgebungstemperatur. Je mehr Stadtgrün wie Bäume, Grünflächen, Dach- und Fassadengrün eine Stadt zu bieten hat, desto mehr sorgen diese für Hitzereduzierung in der Stadt. Darum wollen wir uns für eine sinnvolle Wassernutzung und deutlich mehr Stadtgrün in Erfurt einsetzen. Da, wo es sinnvoll und machbar ist, sollen verrohrte Bachläufe wieder geöffnet und renaturiert werden. Dabei dürfen offene Bäche gerne zu naturnahen Gestaltungselementen in Bebauungsplänen werden. Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machen wir uns für ein schlüssiges Konzept zur Renaturierung verrohrter Bäche stark.

Dabei werden wir nicht das Gefahrenpotenzial, das von Gewässern insbesondere nach Starkregen ausgehen kann, aus den Augen verlieren. Darum setzen wir uns für die konsequente Umsetzung der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen unter Einbeziehung von Starkregenereignissen ein. Zusätzlich wollen wir das Thema Regenwasserversickerung und -nutzung als aktiven Beitrag zum Hochwasserschutz, zur Grundwasserneubildung und zur Abkühlung des Mikroklimas in Erfurt breiter denken und einfordern.

Stadtimage

Erfurt bemüht sich um den Titel „Grüne Hauptstadt Europas“. Wir halten eine Bewerbung in der kommenden Legislaturperiode für realistisch und setzen uns dafür ein. Als Tagungsort in der Mitte Deutschlands wollen wir Erfurt in diesem Bereich zu einer Marke entwickeln: Erfurt ist DIE Stadt für ökologisch nachhaltiges Tagen. Dies kann die An- und Abreise per ICE, die Biozertifizierung der Verpflegung, das Energiekonzept der Tagungsräume und Erfurts erstes Ökohotel beinhalten. In diesem Zusammenhang werden wir uns für mehr nachhaltigen Tourismus in Erfurt einsetzen.

Stadtentwicklung, Baumaßnahmen und Bebauungspläne (B-Pläne) ökologischer umsetzen

Die Entwicklung unserer Stadt muss mit konkreten Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen einhergehen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für klare und ambitionierte Ökoauflagen bei Bebauungsplänen ein. Konkret fordern wir:

  • Baumaßnahmen sollen deutlich „begrünt“ werden, d.h. bereits Bebauungspläne müssen eine deutlichere Begrünung aufweisen als bisher; Fassadengrün muss in Erfurt endlich „entkriminalisiert“ werden;
  • Dauerhafte Blühstrukturen müssen verpflichtend in Bebauungsplänen verankert werden (Staudenflächen/Blühaspekte);
  • Wassermanagement, Wasserflächen, Regenwasserversickerung und -nutzung;
  • (Bestands-)Stadtgrün muss ein zentrales Gestaltungselement der Stadtplanung werden.
  • Die Stadtverwaltung erarbeitet auf Initiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zurzeit eine Konzeptvergabe, wonach künftig Bauland und der städtische Gebäudebestand unter anderem nach Ökokriterien vergeben werden sollen. Nicht das Höchstgebot, sondern die ökologisch-sozial interessantesten Vorhaben sollen künftig den Zuschlag bekommen.
  • Daneben setzen wir uns für Architekturwettbewerbe ein, die verstärkt in Richtung ökologisches Bauen und Ökosiedlungen ausgeschrieben werden müssen. Erfurt soll in den nächsten Jahren mindestens eine Ökosiedlung ausschreiben und auch umsetzen. Um hier voranzukommen, muss unserer Ansicht nach das Umwelt- und Naturschutzamt stärker an der Vorbereitung der künftigen Ausschreibungstexte beteiligt werden. An den Jurysitzungen müssen künftig auch je ein*e Vertreter*in des Naturschutzbeirates und des Umwelt- und Naturschutzamts mit eigenem Stimmrecht beteiligt werden.
  • Schließlich sollen Umweltbelange als Gestaltungskriterien auch in den Gestaltungsbeirat einfließen. Deshalb soll der Gestaltungsbeirat im Vorfeld seiner Empfehlung die Stellungnahme des Naturschutzbeirates zwingend einholen.

Bäume

Bäume sind nicht nur gestalterisches Element und beliebiges Stadtgrün. Insbesondere in den Innenstadtlagen stehen sie für ein verwurzeltes Miteinander von Mensch und Natur, sind Ruhe- und Schattenorte, Lebensraum für viele Tierarten. Deshalb treten wir für einen konsequenten Baumschutz ein. Neugepflanzte Stadtbäume haben klimawandelbedingt eine verkürzte Lebensdauer, d.h. sie werden voraussichtlich nicht mehr die Großbäume, die wir uns heute noch vorstellen. Umso wichtiger ist darum der Erhalt von großen Bestandsbäumen. Wir stehen für einen grundsätzlichen Bestandsschutz von alten und großen Bäumen vor allem in der Innenstadt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben 2018 den Stadtratsbeschluss „Baumschutz bei Baumaßnahmen“ durchgesetzt. Bestandsbäume müssen seitdem selbstverständliches Gestaltungselement in Bebauungsplänen sein. Generell muss künftig transparenter als bisher nachgewiesen werden, welcher Baum ausnahmsweise gefällt werden muss. Die Integration von Bestandsbäumen muss bei Baumaßnahmen in Erfurt nun der Neupflanzung vorgezogen werden. Wir werden diese Rechtslage immer wieder in Erinnerung bringen. Daneben möchten wir uns dafür einsetzen, dass mehr Obstbäume in Bebauungsplänen festgeschrieben werden. Zudem könnte die Stadt Erfurter Streuobstwiesen kategorisieren, reaktivieren bzw. retten und die dauerhafte Pflege organisieren.

Wir plädieren für die Einführung von Gießpatenschaften für Stadtbäume bei Dürre und setzen uns für die Begleitung des aktuell laufenden Forschungsprojektes „Stadtgrün im Klimawandel“ und für die ernsthafte Umsetzung der bald vorgelegten Ergebnisse ein.

Wenn bei Großprojekten unabweislich und nach strenger Prüfung doch Bäume fallen müssen, werden wir die Zahl der nachzupflanzenden Bäume über das geforderte Mindestmaß deutlich erhöhen, um so den Ausgleich zu beschleunigen.

Aktuell führt ein nicht mehr zeitgemäßer Umgang mit unterirdischem Leitungsbestand und geforderten Pflanzabständen dazu, dass in der Innenstadt kaum noch Bäume gepflanzt werden können. Um hier Abhilfe zu schaffen, setzen wir uns dafür ein, dass die Stadt Erfurt den aktuellen Forschungsstand zur Verträglichkeit von unterirdischen Leitungen und Baumwurzeln zur Kenntnis nimmt und in der Praxis auch anwendet. Andere Städte zeigen, dass dies geht. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN drängen darauf, die Konzessionsverträge zwischen Stadt und Ver-/Entsorgungsunternehmen entsprechend anzupassen.

Schließlich schlagen wir vor, dass die Stadt künftig jedes in Erfurt geborene Kind mit der Neupflanzung eines Baumsetzlings begrüßt. Dafür könnte die Stadt einen eigenen Grünzug ausweisen.

Tierschutz

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für mehr Tierschutz in unserer Stadt ein. Mit der Forderung nach ökologischer Landwirtschaft in Erfurt (siehe Abschnitt Bodenschutz und Artenvielfalt) verbinden wir selbstverständlich die Forderung nach einer Abkehr von der Massentierhaltung – auch in Erfurt.

Im Kleinen wollen wir das Erfurter Tierheim fördern und uns für Tierpflegepatenschaften einsetzen. Die Stadt soll für ihre eigenen Veranstaltungen nur Fleisch aus artgerechter und ökologischer Haltung beziehen (siehe Abschnitt Öffentliche Beschaffung). Hier muss ein „Weniger ist mehr“ Vorrang haben.

Bodenschutz und Artenvielfalt

Erfurt verfügt über ein landwirtschaftlich geprägtes Umland und verpachtet zudem ca. 1.000 Hektar eigener Flächen an landwirtschaftliche Betriebe. Wir sehen in der ökologischen Bewirtschaftung dieser Flächen einen großen Hebel für mehr Artenschutz in Erfurt. Darum haben wir in der auslaufenden Legislaturperiode den Antrag „Boden gut machen“ mit einer deutlichen Mehrheit im Stadtrat durchgesetzt. Wir werden auf eine komplette Umsetzung drängen, so dass städtische Flächen ab 2020 nur noch an ökologisch wirtschaftende Betriebe verpachtet werden. Der Erfurter Saatzuchtbetrieb Rose bewirtschaftet seine Pachtflächen mittlerweile ausschließlich ökologisch. Wir wollen, dass dieser vorbildliche Betrieb alle Pachtflächen behält.

Im Detail wird es darum gehen, große Agrarflächen stärker mit Grünelementen zu strukturieren, dauerhafte Blühstreifen auf den Feldern zu etablieren, die Landschaft wassersensibel zu gestalten, verpachtete und leider umgepflügte Feldwege wieder als Feldwege anzulegen. Dazu soll die Stadtverwaltung einen Feldwege-Reaktivierungsplan erstellen, so dass beispielsweise pro Jahr und dörflichem Ortsteil ein neuer Feldweg angelegt werden könnte.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind durchaus Wachstumsbefürworter. Wir setzen uns für mehr extensive Parkpflege ein. Nach dem Motto „Gras soll wachsen“ fordern wir eine extensive Bewirtschaftung auf 50 Prozent der Erfurter Parkflächen. Als Ergänzung dazu, und analog zu Bebauungsplänen, fordern wir mehr „Blühende Stadtlandschaften“ in Erfurt. Dies können Blühflächen und -streifen in Parkanlagen, auf Brachflächen, auf Verkehrsinseln und an Verkehrswegen sein. Auch eine Umgestaltung von verlassenen Sportplätzen in Blühflächen ist denkbar, z.B. Am Waldspielplatz oder am Sportplatz Berliner Straße (bis Baubeginn). Die große Klammer stellt ein weiterer und intensivierter Biotopverbund in und um Erfurt dar.

Wir möchten die Bevölkerung zum Mitmachen einladen und wollen darum Patenschaften für Baumscheiben und die Pflege von Grünflächen fördern sowie Wettbewerbe zu ökologischen Vorgärten u.ä. ausschreiben.

Verwaiste städtische Grünstreifen und -flächen an Straßen, Schienen, Brachflächen wollen wir als Ausgleichsmaßnahmen nutzen und sie so vor zu dichter Bebauung schützen. Bei Baumaßnahmen hat der Erhalt von Biotopen Vorrang vor Ausgleich. Wenn aber doch gebaut werden muss, dann sollen Ausgleichsmaßnahmen möglichst innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans umzusetzen sein (vor allem bei Gewerbeflächen).

Aufgrund der alarmierenden Zahlen zum Insektensterben muss Artenschutz massiv beim Insektenschutz ansetzen. Neben den beschriebenen dauerhaften Blühstrukturen wollen wir kostenlose und sichere (Abstell-)Flächen für Stadtimker*innen bzw. deren Stadtbienen anbieten. Ergänzend dazu unterstützen wir die Aktion „Bee Day“ von Erfurter Initiativen und wollen, dass Erfurt bei „Deutschland summt“ mitmacht.

Flächenrecycling vor Flächenversiegelung

Wir stehen für eine nachhaltige Flächenhauspolitik. Wir wollen den Flächenverbrauch im Stadtgebiet deutlich und dauerhaft senken – wir streben hier nach einer Netto-Null-Versiegelung. Das heißt, es darf im Stadtgebiet Erfurt nicht mehr Boden zugebaut werden als anderswo im Gegenzug entsiegelt wird. Förderprogramme müssen dafür stärker beansprucht werden. Bisher werden jedes Jahr neue Flächen bebaut und gehen unwiederbringlich für Natur und Landwirtschaft verloren. Dabei dient ein schonender Umgang mit unverbautem Boden dem Schutz unserer Lebensgrundlagen und erhöht durch Abkühlungspotentiale zusätzlich die Aufenthaltsqualität in der Stadt. Deshalb müssen wir das Prinzip „innen statt außen“ deutlich stärken, d.h. wir wollen innerstädtischen Leerstand und Brachen revitalisieren und reaktivieren und so vorhandene Flächen- und Gebäudepotentiale intelligenter ausschöpfen. Bauen auf der sprichwörtlichen grünen Wiese muss der Vergangenheit angehören. Wir fordern ein Umdenken innerhalb der Stadtplanung, und zwar bereits in der Planungsphase und lange bevor die ersten Bagger rollen. Die Stadtverwaltung muss für das entsprechende Leerstandsmanagement Bewusstsein entwickeln und sich als „Kümmerer“ begreifen. Wir fordern das Prinzip Flächenrecycling vor Neuversiegelung ein. Der Nachweis der Bemühungen wird verpflichtend und transparent zu führen sein. Wo immer es möglich ist, wollen wir Flächen entsiegeln und/oder wasserdurchlässiger gestalten.

Erfurt hat viele Gewerbeflächen, der Bedarf ist aktuell dennoch nicht gestillt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen keine weiteren großen Gewerbezentren auf der grünen Wiese, stattdessen muss Flächenrecycling vor allem hier selbstverständlich werden. Darum sagen wir ganz klar und deutlich Nein zum geplanten Gewerbegebiet bei Urbich!

Neue Gewerbegebiete dürfen nur noch dann zulässig sein, wenn hohe Ökoauflagen und Entsiegelungen an anderer Stelle umgesetzt werden. Einerseits würden diese Auflagen für die neue Versiegelung entschädigen, andererseits würde das Flächenrecycling dadurch deutlich attraktiver und damit auch realistischer.

Schließlich müssen wir die vorhandenen Stadtteile und Wohnstandorte stärker vernetzen und die brachliegenden Lücken zwischen Stadtteilen mit Wohnbebauung und Grünflächen schließen (wie zwischen Rieth und Roter Berg).

Klimaschutz und Klimaanpassung

Das Ziel der Einsparung von CO2um 30 Prozent bis 2020 gegenüber 2008 wird in Erfurt leider verfehlt. Es ist deutlich zu erkennen, dass eine dringende Nachjustierung der Klimaschutzaktivitäten auf allen Ebenen erforderlich ist. Dazu muss auch die Stadtverwaltung selbst die Ziele des Klimaschutzkonzeptes umsetzen. In diesem Zusammenhang setzen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich für eine möglichst CO2-freie Stadtverwaltung ein. Erfurt muss das Klimaschutzkonzept ambitioniert fortschreiben und deutlich ambitionierter umsetzen.

Das aktuell in Arbeit befindliche Klimaanpassungskonzept ist fertigzustellen und muss ernsthaft umgesetzt werden. Ein hoher Grad an Bodenversiegelung begünstigt das Entstehen eines überhitzen Stadtklimas. Deshalb fordern wir die Entsiegelung, wo es immer möglich ist. Die Stadt soll dabei als Vorreiter auf eigenen Flächen vorangehen, d.h. Verkehrsinseln, Parkplätze und dergleichen entsiegeln und mit wasserdurchlässigen Oberflächen versehen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchten, dass geschlossene Versiegelungen aufgebrochen werden, wo das möglich ist.

Daneben brauchen wir in Erfurt einen Vorrang für Stadtgrün als Klimaanpassungsmaßnahme (Bäume, Dachbegrünung, Fassadengrün, Grünflächen, ökologisch wertvolle Nachbarschaftsgärten und Miniparks u.v.m.). Dafür soll Erfurt die innerstädtischen Grünflächen und Parkanlagen dauerhaft bewahren, ausbauen und miteinander vernetzen. Fassadengrün und Bestandsbäume müssen normale Gestaltungselemente werden (siehe Abschnitt Bebauungspläne). Die vorhandenen Kaltluftleitbahnen (Klimaflächenmanagement) müssen erhalten bleiben und sollen nicht verbaut werden.

Konkret stellen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich folgende Projekte als zusätzliche Klimaanpassungsmaßnahmen vor:

  • Es ist ein Grünzug durch die Oststadt anzulegen, von der Fußgängerbrücke über den Flutgraben bis zur Bahnbrücke Leipziger Straße mit Fortführung zum Nordstrand. Wir schlagen vor, darüber nachzudenken, wie man eine Teilfläche des Domplatzes in einen kleinen, städtischen Park umwandeln könnte. Dafür könnte Erfurt einen Wettbewerb ausschreiben.
  • Wir fordern ein städtisches Projekt zur CO2-Bindung durch Humusaufbau (terrapreta), als ega-Projekt oder in Trägerschaft der Stadtwirtschaft bei der Bio-Abfallverwertung oder angesiedelt beim Garten- und Friedhofsamt.
  • BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich bereits für die Begleitung des laufenden Projektes HeatResilientCity ein. Demnächst liegen erste Ergebnisse zur hitzeresilienten Stadt- und Quartiersentwicklung vor. Wir werden uns für die ernsthafte Umsetzung dieser Erkenntnisse einsetzen.
  • Schließlich fordern wir ein Konzept zur Öffnung von Bachläufen, zum Anlegen von weiteren innerstädtischen Wasserstellen und zur Regenwasserversickerung und -nutzung (siehe Abschnitt Bebauungspläne) ein.

Energiewende

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen, dass alle städtischen Dachflächen mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden, soweit sie dafür geeignet sind. Auf Flachdächern soll dabei Dachbegrünung mit Photovoltaikanlagen kombiniert werden. Wir setzen uns für hohe energetische Standards bei städtischen Immobilien ein – und fordern diese auch von privaten Investoren. Der städtische Gebäudebestand soll energieeffizient und ökologisch saniert bzw. gedämmt werden. Wir wollen die Stadtwerke Erfurt dabei unterstützen und politisch begleiten, den Anteil der Erneuerbaren Energien weiter und deutlich zu erhöhen. Dabei wird es auch um geeignete Speichermöglichkeiten für überschüssigen Strom gehen. Konkret könnten hier mit einem „Power to Gas“-Pilotprojekt die regionalen Speichermöglichkeiten ausgelotet werden. Wir möchten die Stadtwerke auf ihrem Weg begleiten, hin zu einer ganzheitlichen und vielfältigen Energie- und Wärmeerzeugung auf regenerativer Basis.

BUGA 21 und urbane Gärten

Die Vorbereitungen für die BUGA 21 sind weit fortgeschritten, nun wird es auf ein nachhaltiges und intelligentes Nachnutzungskonzept ankommen. Dieses wollen wir jetzt bereits mitdenken und die Entwicklung vorantreiben. Vor allem müssen wir die nachhaltige Nachnutzung der angelegten Flächen in den Blick nehmen. So wollen wir beispielsweise dauerhafte, extensive Flächen vorsehen, um die Artenvielfalt zu sichern. Dabei kann vielerorts auf pflegeintensiven Zierrasen verzichtet werden.

Die BUGA 21 soll der Startschuss für mehr urbane Gärten in Erfurt sein. Wir sehen in der BUGA 21 die Chance, das Thema „essbare Stadt“ in Erfurt dauerhaft zu etablieren. Dafür geeignete Flächen sehen wir u.a. auf dem Petersberg, im Stadtpark, im Nordpark und schließlich auch auf Dachflächen. Die Themen urbane Gärten und Landwirtschaft in der Stadt können während der BUGA 21 etabliert und als Projekte der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) dauerhaft fortgeführt werden. Zudem sehen wir am Beispiel BUGA 21 die Notwendigkeit, den Ausgleich gefällter Bäume deutlich zu erhöhen (siehe Abschnitt Bäume). Schließlich soll auch die BUGA 21 aus unserer Sicht klimaneutral organisiert werden, dafür ist jetzt noch Zeit.

Winterdienst

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, dass der Anteil des ökologischen Winterdienstes deutlich erhöht wird. Dadurch können umweltfreundliche Alternativen zum Streusalz, dessen Abdrift die Bäume schädigt, überall dort mehr Verwendung finden, wo es möglich und vertretbar ist. Zudem wollen wir uns der Frage stellen, inwieweit wir in Zeiten milder Winter tatsächlich noch die teuren Schneefangzäune brauchen? Aus unserer Sicht besser, günstiger und ökologischer wären Hecken statt Schneefangzäunen.

Mehrweg, Recycling, öffentliche Beschaffung

Auf Initiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt die Stadt Erfurt aktuell bei stadteigenen Veranstaltungen auf Mehrweggeschirr um. Wir wollen diesen Ansatz fortentwickeln. Um auch auf privatwirtschaftliche Veranstaltungen auf öffentlichen Flächen Einfluss nehmen zu können, müssen wir die entsprechende Satzung anpassen. Ziel muss es dabei sein, Erfurt für nachhaltiges, plastikfreies Feiern bekannt zu machen – nach dem Motto „Erfurt is(s)t auf dem Mehrweg“.

Zusätzlich wollen wir die Vorbildfunktion der Stadt dadurch stärken, dass wir die komplette öffentliche Beschaffung auf nachhaltige, ökologisch unbedenkliche und möglichst plastikfreie Produkte umstellen.

In diesem Zusammenhang muss auch der städtische Fuhrpark stärker umgebaut werden. Wir fordern mehr Dienstfahrräder (auch E-Bikes) statt Dienstwagen, wo immer es angebracht ist.

Nur so wird Erfurt seinen Auszeichnungen als Bio- und als Fairtrade-Stadt weiterhin gerecht.

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)

Die Themen urbane Gärten und Landwirtschaft in der Stadt können während der BUGA 21 etabliert und als ein Projekt der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) dauerhaft fortgeführt werden (siehe Abschnitt BUGA 21). Die bereits laufenden vielfältigen Aktivitäten zur Bildung für nachhaltige Entwicklung werden wir über 2019 hinaus weiter unterstützen – und zwar mit Blick auf die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für die Förderung und dauerhafte Sicherung der Fuchsfarm als Ort der direkten und hautnahen Umweltbildung ein, zudem wollen wir die Etablierung eines Umwelt- und Naturschutzzentrums im Erfurter Zoopark unterstützen.

Die Artenfülle des geschützten Landschaftsbestandteils (GLB) Petersberg muss offensiv beworben werden, etwa in Form einer Kooperation mit der BUGA 21 und Schautafeln vom Plateau aus.

Flughafen

Beim Erfurter Flughafen wollen wir jetzt schon an die Zeit danach denken, um die Stadt vor einem weiteren millionenschweren Zuschussgeschäft zu bewahren. Nach 2024/25 wird es sehr wahrscheinlich keine EU-Mittel mehr für den Flughafen geben. Die Zukunft des Solidaritätsbeitrags ist ungewiss und damit auch die Höhe des Landeszuschusses. Schließlich haben wir mit dem ICE-Kreuz eine ernsthafte Alternative zum Flughafen. Insgesamt sehen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN keine profitable Zukunft des Flughafens in Erfurt.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen ein Frachtdrehkreuz in Erfurt ab, weil mit dem Leipziger Flughafen ein potenter Frachtflughafen in unserer Nähe liegt. In Konkurrenz damit würde Erfurt immer den Kürzeren ziehen und die Stadt müsste den Flughafen dauerhaft mit hohen Beträgen subventionieren.

Vor diesem Hintergrund muss die Stadt ein tragfähiges Nachnutzungskonzept für den Flughafen entwickeln und bis 2024 vorlegen. Möglich wären eine Nutzung für Photovoltaikflächen, die Entwicklung zum neuen Stadtteil, die Ausweisung der versiegelten Flächen als Gewerbeflächen, um nur einige Ideen zu nennen.

Stadtwerke Erfurt

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen das Erfurter Stöberhaus weiterentwickeln im Sinne der Kreislaufwirtschaft und einen Zugang für Bastler*innen und Repaircafés zum Stöberhaus und zu den Recyclinghöfen der SWE organisieren und unterstützen. Wir wollen schließlich die Stadtwerke Erfurt weiter begleiten auf dem richtigen Weg zur rein regenerativen Energie- und Wärmeerzeugung.

Wohnen und Mobilität

Recht auf Wohnen

In den letzten Jahren ist hochwertiger, gut gelegener und bezahlbarer Wohnraum immer knapper geworden. Auch in Erfurt steigen die Mieten und die Verdrängung von Menschen aus ihrem angestammten Umfeld ist an der Tagesordnung. Damit ist der Kampf um guten Wohnraum zum zentralen sozialen Thema in Erfurt aufgestiegen. Dabei betrifft die Verdrängung von Mieter*innen nicht nur diejenigen in der Innenstadt, sondern wirkt bis in die Außenbezirke. Dieses Problem betrifft alle Bevölkerungsschichten, von Studierenden über junge Familien bis hin zu Rentner*innen. Deshalb ist es wichtig, dass die Stadt die Wohnraumpolitik aktiv gestaltet, die Mieter*innen schützt und eine sozialverträgliche Entwicklung Erfurts ermöglicht.

Wir wollen die sozialen und ökologischen Chancen nutzen, die die Landeshauptstadt durch die Aufnahme in das neu geschaffene Förderprogramm des Bundes zur Förderung der Stadtteilentwicklung nun hat. Statt für viele, nicht zusammenhängende Einzelprojekte, sollen die 50 Millionen Euro des Bundes und des Landes für stimmige Gesamtkonzepte für mehr Wohn- und Lebensqualität in den Erfurter Quartieren genutzt werden.

Wohnen ist ein Menschenrecht und muss für alle bezahlbar bleiben. Dem entgegen steht der bundesweite Trend, bis zu der Hälfte des Einkommens für die Miete ausgeben zu müssen. Das hat massiven Einfluss auf die Lebensqualität, denn was mehr für die Miete gezahlt wird, fehlt ganz konkret für Freizeit, Gesundheit und Ernährung. Auch schwächen hohe Mieten die lokale Wirtschaft, wenn die Kaufkraft der Erfurter*innen abnimmt. Deshalb wollen wir alle Erfurter*innen vor Mietexplosionen und Spekulation schützen. Wohnraum soll den Bewohner*innen, nicht Profitinteressen dienen.

Allein über die freie Wohnungswirtschaft bekommen nicht alle Menschen eine ihren Bedürfnissen angemessene Wohnung. Zu den Betroffenen gehören beispielsweise Alleinerziehende und Familien mit geringem Haushaltseinkommen, Menschen mit Beeinträchtigung, die barrierefreie Wohnungen benötigen, Pflegebedürftige, die nicht in ein Heim wollen, Studierende und alternative Wohngruppen bzw. -formen. Hier müssen individuelle Lösungen gefunden werden, die den jeweiligen Bedürfnissen gerecht werden.

Neben der zunehmenden Spannung auf dem Wohnungsmarkt haben wir in Erfurt mit hoher sozialer Segregation und Verdrängung zu kämpfen. Steigende Mieten führen zur Verdrängung von Mieter*innen aus ihren angestammten Quartieren. Oft bedeutet dies für die betroffene Person den Wegfall ihres sozialen Umfelds und ihrer sozialen Sicherungsnetzwerke. Im Gesamten kommt es zur Zerstörung etablierter sozialer Strukturen, darunter Treffpunkte, kulturelle Angebote sowie Gemeinschaftsprojekte und soziale Hilfs- und Organisationsformen.

Steigende Mieten in Erfurt führen dementsprechend auch zur beschleunigten Entmischung von Quartieren. Verdrängung und soziale Segregation gehen Hand in Hand. Vergangenen Sommer haben wir durch die öffentliche Diskussion um die vom Erfurter Uni-Professor Marcel Helbig erstellte Segregationsstudie vor Augen geführt bekommen, dass Erfurt eine bedenklich sozial ungleiche und tief gespaltene Stadt ist. Auf der einen Seite diskriminieren ungleiche Quartiere sozial benachteiligte Bewohner*innen, da diese Quartiere vermehrt in Außenbezirken liegen. Damit sind längere Anfahrtswege zu Arbeitsplätzen, Behörden und Kultureinrichtungen verbunden. Auch hat das Quartier, in dem eine Person wohnt, eindeutige Auswirkungen in vielen Lebensbereichen. Unter anderem können Einkaufsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung im Stadtteil, Übertrittsquoten auf Gymnasien und Verfügbarkeit von Begegnungsstätten davon abhängen. Es ist unbestreitbar, dass so genannte schlechtere Viertel geringere Chancen im Leben bedeuten. Deshalb muss sozialer Segregation Einhalt geboten werden, die Lebensqualität in allen Vierteln erhöht und soziale Durchmischung gefördert werden. Auf der anderen Seite führt diese soziale Spaltung im Stadtraum zur Entfremdung verschiedener sozialer Schichten, stärkt Rassismus und erhöht Gewaltbereitschaft infolge von Perspektivlosigkeit. Dieser soziale Sprengstoff stellt ein konkretes Sicherheitsrisiko dar, das es zu vermeiden gilt.

Ursache für soziale Segregation und Verdrängung sind Gentrifizierung, rasant steigende Baukosten durch höhere Auflagen (Tiefgaragen sind Preistreiber) und starke Nachfrage nach Bauleistungen, Zuzug in die Stadt, höhere Profitmöglichkeiten durch die gestiegene Nachfrage und die Ansprüche vieler Mieter*innen an die Größe des Wohnraums.

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind das friedliche Zusammenleben sowie die kulturelle Vielfalt kennzeichnende Merkmale urbaner Lebensqualität. Deshalb ist es unverzichtbar, hier gegenzusteuern, um allen Erfurter*innen Zusammenhalt, gleiche Chancen und hohe Lebensqualität zu ermöglichen.

Eine mögliche Gegenstrategie ist, dass Erfurt den Verkauf von Flächen an Konzepte mit klaren sozialen Rahmenbedingungen statt an Höchstpreise bindet (Konzeptvergabe). Hierbei gilt es, die Flächen nur im Erbbaurecht zu verkaufen, damit die Flächen selbst im Stadtbesitz bleiben und die Verfügung über das Wohngebäude limitiert werden kann. Grundsätzlich muss gelten, dass Erfurt aktiv versucht, mit seinen Liegenschaften selbst bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Zusätzlich müssen wir in Erfurt über städtische Flächenaufkäufe und Flächenbevorratungen nachdenken, um Bauland der Spekulation zu entziehen. Hierbei sollte in Erwägung gezogen werden, entsprechende Pläne zu entwerfen, um auf städtisches Vorverkaufsrecht zurückgreifen zu können und in dynamischen Vierteln Vorrang für gemeinwohlorientierte Wohnraumpolitik zu schaffen. Zudem muss die Stadt Menschen, die als Bauherrengemeinschaft, als Genoss*innenenschaft oder als andere alternative Wohngruppe Wohneigentum für den eigenen Bedarf bilden wollen, aktiv unterstützen – insbesondere durch Beratung und Zusammenführung. Eine weitere Gegenstrategie ist der – in Erfurt federführend weiterentwickelte – serielle Wohnungsbau vorzugsweise in Holzbauweise. Durch Serieneffekte bei der industriellen Fertigung sowie durch Senkung der Planungs- und Betreuungsleistungen ergeben sich Einsparungen, die sich in günstigen Mieten niederschlagen werden und zur sozialen Mischung beitragen könnten. Vor diesem Hintergrund wollen wir aber auch hochwertiges Bauen in Stadtteilen ermöglichen, in denen dies mittlerweile unüblich ist, ohne dabei die Mieten in diesen Stadtteilen in die Höhe zu treiben. So können wir Stadtbereiche wie den Erfurter Norden oder den Erfurter Südosten entwickeln, mit der Stadt vernetzen und dadurch lebenswerter machen. Dafür muss Erfurt auch das Quartiersmanagement stärken, denn moderne Sozialplanung und ein integriertes Sozialraummanagement in allen Stadtteilen können helfen, Probleme und Ressourcen zu identifizieren und Lösungen vorzubereiten. Dabei muss das integrierte Sozialraummanagement kritisch begleitet werden, um nicht in eine Gentrifizierungsfalle zu tappen. Es darf für die Erfurter*innen kein Stigma sein, aus diesen Stadtbereichen zu kommen oder in diesen zu wohnen.

Ein weiteres Instrument gelungener Wohnraumpolitik können soziale Erhaltungsverordnungen (auch bekannt als Milieuschutz) sein. Durch die Ausweisung eines solchen Gebietes werden beispielsweise Rückbau oder Nutzungsänderungen genehmigungspflichtig. Darunter fallen auch Modernisierungsmaßnahmen, die zur massiven Mietsteigerung missbraucht werden könnten. So können die soziale Mischung und gewachsene Strukturen erhalten sowie Mieter*innen besser vor Verdrängung geschützt werden. Unser Ziel ist es, in ganz Erfurt eine sozialverträgliche Wohnraumpolitik zu gestalten und gerade die Stadtviertel, in denen Verdrängung und Gentrifizierung zu massiven Veränderungen führen würden, zu unterstützen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden sich weiterhin dafür einsetzen, dass mindestens 20 Prozent Sozialwohnungen bereitgestellt werden – und zwar bei allen Neubau- und planungsbedürftigen Sanierungsvorhaben in Erfurt. Diese Verpflichtung gilt künftig für alle Bauherren von Geschosswohnungen (Privatinvestoren, KoWo, Wohnungsgenossenschaften). Nicht zuletzt wird so das neue Erfurter Baulandmodell konsequent umgesetzt.

Daneben wollen wir besonders gemeinnützige, kommunale und kooperative Träger fördern. Das schlüssige Konzept und der Mietspiegel der Stadt müssen auch die steigenden Kosten der Unterkunft aktuell berücksichtigen. Mit dem schlüssigen Konzept werden die formal angemessenen Mieten und Nebenkosten für Leistungsempfänger*innen festgelegt. Es beruht jedoch auf Mieten aus dem zweiten Halbjahr 2016 und erkennt z.B. für Bedarfsgemeinschaften mit einer Person nur 335,52 Euro an, für zwei Personen nur 399,00 Euro (jeweils einschließlich aller Nebenkosten außer Heizung). Daher besteht derzeit ein hohes Risiko, dass für die betroffenen Personen die Leistungen zum laufenden Lebensunterhalt gekürzt werden. Unsere Vision ist ein Erfurt, in dem jede und jeder selbstbestimmt wohnen kann, egal ob im Hausprojekt, als Mieter*innen, als Eigentümer*innen oder in einer Kooperation oder Gemeinschaft.

Wir freuen uns, dass wieder mehr Menschen Erfurt so attraktiv finden. Neubau kann jedoch nicht die einzige Strategie sein, um auf diese Herausforderung zu antworten. Wir wollen Wohnraum an den Stellen verfügbar machen, wo wir bislang keinen Wohnraum mitgedacht haben. Deshalb werben wir für eine vertiefte Kooperation mit den umliegenden Gemeinden, weil unsere Wanderungsgewinne zulasten der umliegenden Landkreise gehen. Besser als ein Zuzug nach Erfurt ist wohnungspolitisch und aus Sicht der Landesentwicklung die optimale Vernetzung und Anbindung von Stadt, Ortsteilen und Umland, unter anderem mit dem Ausbau des ÖPNV.

Die Ausweisung von autofreien Wohnquartieren kann dabei helfen, Flächen und Kosten zu sparen und Menschen ohne ein eigenes Auto ein adäquates und günstiges Wohnumfeld anzubieten. Das studentische Wohnen werden wir nach dem Umbau der Zahnklinik in der Nähe der Uni weiter forcieren und dort kleinere Wohneinheiten zur Verfügung stellen (siehe dazu auch Abschnitt Bildung).

Die KoWo als kommunale Wohnungsgesellschaft kann der Politik in Erfurt erheblichen Gestaltungsspielraum verschaffen. Sie muss betriebswirtschaftlich gut aufgestellt sein, dann löst sie viele Probleme (Wohnraum für Menschen, die sonst kaum welchen finden – aktive Gemeinwesenarbeit – Sicherung des Bestandes und ggf. Erweiterung aus den laufenden Mieteinnahmen). Die KoWo sollte künftig wieder unterschiedliche Zielgruppen im unteren und mittleren Einkommenssegment ansprechen und bedienen können. Bevor die Stadt andere Akteur*innen am Wohnungsmarkt fördert, sollten wir schauen, was durch die Weiterentwicklung des KoWo-Bestandes erreicht werden kann. Der Vorteil ist, dass durch künftige Mieteinnahmen neuer wohnungspolitischer Handlungsspielraum im Interesse der Stadt und der ärmeren Bevölkerung entsteht. Darum sollte die KoWo dauerhaft im Bestand der Stadt verbleiben und Mieterträge ausschließlich im Interesse jetziger und künftiger Mieter*innen genutzt werden. Sie sollte für Erfurt wohnungspolitische Aufgaben im Interesse einer sozialen Stadtentwicklung wahrnehmen.

Das Wohnen in Erfurt muss nach ökologischen Standards möglich sein. In Anlehnung an den so genannten Erfurter Standard (die Stadt Erfurt hat sich auf Initiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verpflichtet, bei eigenen Immobilien, bei Neubau oder Rekonstruktion jeweils fünf Prozent über die gültige Energieeinsparverordnung hinauszugehen) wird ein Punkte- beziehungsweise Modulsystem entwickelt, nach dem alle Neubauvorhaben in ökologischen Belangen maßvoll über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Investoren können sich anhand des Modulsystems den zusätzlichen Bereich selbst aussuchen (zum Beispiel Dämmung, gesunde Baustoffe, Energietechnik). 

Durch die Absenkung des Stellplatzschlüssels in Bebauungsplänen und die Förderung von alternativen Mobilitätskonzepten können bei Neubauvorhaben die gewünschten Effekte befördert werden: weniger Platzbedarf für Autos, bessere und sicherere Fahrradverbindungen, günstigeres Bauen und damit günstigere Mieten.

Lebensqualität bedeutet auch Wohngesundheit. Diese ist neben der Gebäudequalität wesentlich beeinflusst vom sozialen Wohnumfeld und dem Umweltschutz in unmittelbarer Umgebung. Beim Geschosswohnungsbau kann die Stadt hier deutlich mehr erreichen. Geschosswohnungsbau führt zu weniger Flächenverbrauch und schafft bei attraktiver Außengestaltung für mehr Menschen Zugang zu nutzbaren Außenflächen (Mieter*innengärten, Wäschetrockenplätze, Sitz- und Spielgelegenheiten, Grillplätze). Hier sind auch größere Grünflächen und autofreie Zonen plan- und umsetzbar.

An dieser Stelle möchten wir auf den Antrag „222 Bänke für Erfurt – Bitte Platz nehmen“ von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hinweisen! Im Mai 2018 wurde unser Antrag im Stadtrat beschlossen, in Erfurt 222 zusätzliche Bänke aufzustellen, um Verweilorte in der Stadt zu schaffen und den öffentlichen Raum einladender zu gestalten. Mit beschlossen wurde hier auch ein breiter Bürger*innenbeteiligungsprozess. Unser Ziel ist es, diese Bänke nun bald im Erfurter Stadtbild tatsächlich an den Orten zu aufzustellen, an denen die Erfurterinnen und Erfurter dies wünschen und dazu schnellstmöglich in die Abstimmung und Umsetzung zu kommen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen den Mobilitätsmix – mit gleichberechtigten Angeboten. Menschen sollen auf die Mobilitätsform zurückgreifen können, die sie in der jeweiligen Situation brauchen (ohne sich um ihre Sicherheit sorgen zu müssen).

Dem Fahrrad gehört die Zukunft

Erfurt hat viele Aspekte zu bieten, die es zu einer lebenswerten Stadt machen – das Radwegenetz gehört sicherlich nicht dazu. In anderen Städten Deutschlands liegt der Radverkehrsanteil bereits heute sehr viel höher als in Erfurt. Damit dies endlich auch in Erfurt Realität wird, muss die Stadt dem Fahrrad bei Verkehrskonzepten konsequent den Vorzug vor dem Auto einräumen. Wir brauchen darum einen deutlichen Ausbau des Radwegenetzes, damit das alltägliche Radfahren zur Selbstverständlichkeit wird. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben mit großem Engagement im Stadtrat einen Plan entwickelt, wie sich der Radverkehr in den nächsten Jahren entwickeln sollte. Dabei spielen die Innenstadtverbindungen sowie eine gute Anbindung der Ortsteile eine große Rolle. Dieser GRÜNE Antrag „Beschleunigte Umsetzung des Radverkehrskonzepts“ wurde Ende 2018 einstimmig vom Stadtrat beschlossen! Es wird nun darauf ankommen, den Beschluss finanziell so zu untersetzen, dass das Radwegekonzept bis 2025 umgesetzt werden kann. Das bedeutet, dass bis dahin alle im Konzept geplanten Radwege weitgehend realisiert werden. Dabei muss die Umsetzung offen bleiben für Nachbesserungen am Radwegekonzept und Anregungen von Bürger*innen, die den Radverkehr voranbringen wollen.

Radverkehr ist nicht nur Fortbewegung von A nach B, sondern auch ein großer Freizeitfaktor und benötigt Platz in der Stadt. Das müssen wir konsequent umsetzen. Dabei ist es wichtig, dass wir Flächen nicht neu versiegeln, sondern die bestehenden Flächen neu aufteilen. Ein Mittel hierfür ist die Ausweisung weiterer Fahrradstraßen. Der Radverkehr darf bei der Planung von neuen Straßenbauprojekten nicht immer nur die Restflächen erhalten! Deshalb wollen wir auf dem gesamten Stadtring (u.a. Juri-Gagarin-Ring) eine Spur für Radfahrer*innen umfunktionieren und damit Erfurts erste Fahrradschnellstraße schaffen. Ziel ist es, die Barrierewirkung der Ringstraßen für den querenden Rad- und Fußgänger*innenverkehr zu senken. In einem ersten Schritt sollen die bestehenden Fahrbahnen schmaler gestaltet und ein extra Fahrradstreifen hinzugefügt werden. Dazu gibt es eine interessante, wissenschaftliche Untersuchung, auf der wir aufbauen wollen.

Auch weitere sinnvolle Radverbindungen sind dringend notwendig. So benötigt das „Nadelöhr“ Hauptbahnhof eine Entlastung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern daher eine weitere Verbindung zwischen Bahnhof und Schillerstraße/ Arnstädter Straße in unmittelbarer Nähe, um eine  problemlose Zufahrt für Radfahrer*innen in die Innenstadt zu schaffen. Die Nordhäuser Straße sollte bei der Sanierung zwei gleichberechtigte Fahrradspuren bekommen. Wir sagen jedoch Nein zum Flutgrabenradweg, da dieser ökologisch untragbar und wirtschaftlich unverhältnismäßig ist im Vergleich mit den anderen Radwegen. Zudem wäre dieser Radweg hochwassergefährdet und damit eine Maßnahme mit klar definiertem Verfallsdatum.

Dass Radfahrer*innen und Fußgänger*innen sich in Erfurt viele Weg teilen müssen, führt oft zu Problemen. Schnelle Radfahrer*innen werden dadurch gebremst und wären auf der Straße sicherer aufgehoben. Deshalb fordern wir die Stadt auf, das gesamte Radwegenetz auf Benutzungspflicht hin zu überprüfen. Wo es für Radfahrende sicherer ist, zügig auf der Straße zu fahren, sollte dies auch möglich sein. Außerdem soll ein grüner Pfeil für Radfahrer*innen ab 2020 an geeigneten Verkehrswegen eingeführt werden, soweit der Pilotversuch des Bundesverkehrsministeriums erfolgreich ist und die rechtlichen Grundlagen hierfür geschaffen werden.

Um das Radfahren attraktiver zu machen, braucht es nicht nur sichere Abstellmöglichkeiten, sondern auch einen konsequenten Winterdienst auf den Radwegen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENsetzen sich dafür ein, dass das Modell eines „Scherbentelefons“ nach dem Vorbild Potsdams auch in Erfurt eingeführt wird. Hier können Radfahrer*innen Scherben auf Radwegen melden, die dann innerhalb von zwei Werktagen vom städtischen Bauhof weggeräumt werden sollten – denn nichts ist nerviger als ein platter Reifen! Nicht zuletzt gehört zu einem konsequenten Radverkehrskonzept auch das Mitdenken von E-Bikes und Pedelecs. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machen sich dafür stark, dass die städtischen Unternehmen hier mit gutem Beispiel vorangehen und in naher Zukunft eine kostenlose Ladeinfrastruktur für E-Bikes sowie Duschmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter*innen anbieten.

Daneben unterstützen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch weiterhin Initiativen wie die „Critical Mass Erfurt“, die sich unermüdlich für mehr Radwege und mehr Rücksicht auf Radfahrende in Erfurt einsetzen.

Ein weiterer wichtiger Verkehrsträger ist der ÖPNV. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern weiterhin einen Ausbau und Stärkung der bestehenden Strukturen. So muss die Buslinie 9 in eine Straßenbahnlinie umgewandelt werden. 

Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche in Erfurt den ÖPNV kostenlos nutzen können. Dies kann jedoch nur der erste Schritt zur Frage der nachhaltigen Finanzierung des Nahverkehrs sein.  

Die Einführung eines ticketlosen Nahverkehrs für unsere Stadt wollen wir prüfen und alle Erfurter*innen von Beginn an bis zur Entscheidung über dieses Nahverkehrskonzept mit einbeziehen. Auf dem Weg zum ticketlosen ÖPNV müssen wir auch die heutigen versteckten Kosten in den Blick nehmen (Verwaltungsaufwand bis in die Schulen hinein). Wir werden auch darüber zu diskutieren haben, dass ein ticketloser ÖPNV nicht kostenlos ist.

ÖPNV ermöglicht Teilhabe für Menschen, die nicht in der Innenstadt leben können. Von daher kämpfen wir für die Beibehaltung des Sozialtickets.

Nicht nur der Radverkehr, auch der ÖPNV benötigt eine weitere Verbindung neben dem Bahnhofstunnel. Weitere Aspekte des ÖPNV sind Familienfreundlichkeit und die unterschiedlichen Nutzungsgewohnheiten von Männern und Frauen. Dabei profitieren Frauen deutlich mehr vom ÖPNV, da sie ihre Wege in der Stadt öfter als Männer zu Fuß, mit dem Rad oder eben mit dem ÖPNV zurücklegen. Dies wollen wir stärker aufgreifen und berücksichtigen. Darum und damit Erfurt noch familienfreundlicher wird, wollen wir ein „Babyticket“ nach Leipziger Vorbild einführen. Damit kann ein Elternteil des Neugeborenen den ÖPNV ein Jahr nutzen, ohne dafür bezahlen zu müssen. Erfahrungen zeigen, dass sich damit die Mobilitätsgewohnheiten junger Familien hin zum ÖPNV entwickeln können.

Für das neue Stadtviertel ICE-City und Ost-City fordern wir eine durchdachte Konzeption für den ÖPNV bzw. einen Straßenbahn-Anschluss der Ost-City und darüber hinaus.

Daneben muss der ruhende Verkehr in Erfurt neu überdacht werden. Schon heute kommt es in der Innenstadt zu vielen Konflikten um von Autos zugeparkte Flächen. Neue Bauvorhaben dürfen daher nur noch mit einem alternativen Mobilitätskonzept umgesetzt werden. Für die leisen und umweltfreundlichen Elektroautos sollte Erfurt die Möglichkeiten des Elektromobilitätsgesetzes (EmoG) nutzen und beispielsweise in der Innenstadt zeitweise kostenloses Parken oder die Benutzung von Busspuren durch Elektrofahrzeuge ermöglichen. Neben weniger Pkw-Stellflächen benötigen wir mehr Flächen für das Abstellen von Fahrrädern. Außerdem müssen in Erfurt konsequent in allen Richtungen P&R-Plätze zur Verfügung stehen. Hier muss Erfurt deutlich ausbauen, aber nur mit wasserdurchlässigen Oberflächen! Erfurt ist eine Stadt, in die viele Pendler*innen sowie Besucher*innen ihren Weg suchen. Deshalb wollen wir keine neuen Parkhäuser in der Innenstadt, sondern ein P&R-Ticket für den ÖPNV in der Innenstadt. Dabei denken wir an ein komfortables und günstiges Jahresticket für Pendler*innen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vergessen auch Fußgänger*innen nicht. Erfurt benötigt ein Konzept für diese Menschen. Die Eichenstraße am Hirschgarten und der Bereich um den Wenigemarkt sollen konsequent zur Fußgänger*innenzone werden.

Allgemein muss die Mobilitätspolitik in Erfurt um sinnvolle Lösungen ergänzt werden. Dazu gehören ein autofreier Sonntag, Tempo 30 vor allen Schulen, Kitas, Jugendhäusern, Stadtteilzentren und Seniorenheimen sowie der grüne Pfeil an allen dafür geeigneten Ampeln. Bei Neubauten oder Sanierungen sollen Ampeln möglichst durch Kreisverkehre oder andere fußgänger*innen- und fahrradfreundliche Verkehrsführungen ersetzt werden und dafür auch auf Landes- und Bundesmittel zurückgegriffen werden. Für den Flughafen fordern wir ein tragfähiges Nachnutzungskonzept (siehe Abschnitt Umwelt- und Naturschutz). Um die fehlenden Flüge zu ersetzen, braucht Erfurt eine gute Anbindung an den Flughafen Halle/Leipzig. Carsharing soll aktiver gefördert werden, bis hin zu Vorgaben in Bebauungsplänen (alternative Mobilitätskonzepte).

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen langfristig den Mobilitätsmix – mit gleichberechtigten Angeboten. Menschen sollen auf die Mobilitätsform zurückgreifen können, die sie in der jeweiligen Situation brauchen – ohne sich um ihre Sicherheit sorgen zu müssen.

Soziales und Teilhabe

Vielfalt und Zusammenhalt: für ein soziales Erfurt, in dem niemand zurückgelassen wird

Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wissen um unsere Wurzeln. Wir kommen aus unterschiedlichsten Bürger*innenbewegungen. Uns eint, dass wir auch in Erfurt für eine Stadtgesellschaft streiten, die denjenigen hilft, die Unterstützung brauchen, die Freiräume zulässt und die von gegenseitigem Respekt und Anerkennung geprägt ist.

Vielfalt und Zusammenhalt sind zwei Eckpfeiler für Erfurt als zukunftsfähige und wachsende Stadt. Erfurt wird bunter und das ist auch gut so. Es muss darum gehen, als Kommune eine aktive Rolle zu spielen, um unterschiedliche Lebensentwürfe zu ermöglichen und zugleich Nachteile auszugleichen. Hier ist auch das vom Stadtrat verabschiedete Integrationskonzept von großer Bedeutung, da es sich an alle in Erfurt lebenden Menschen richtet. Wir alle werden uns bewegen und verändern müssen, um der Pluralität und einem guten Miteinander auch in Zukunft Rechnung zu tragen.

In Erfurt gibt es gravierende Unterschiede, was den Lebensstandard und die Zufriedenheit der hier lebenden Menschen ausmacht. Die soziale Spaltung ist vielerorts Realität. Deshalb braucht es eine integrierte Sozialraumplanung für unsere Stadt, die die Ortsteile als Sozialräume stärkt, die Menschen zusammenbringt und das Quartiersmanagement konsequent fördert.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es ernst mit der Gleichstellung der Geschlechter. Wir wollen eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen auf allen Ebenen und in allen Bereichen. In der Stadtverwaltung Erfurt wollen wir gezielt Frauen in Führungspositionen fördern. Bei allen Entscheidungen des Stadtrates sollte zudem benannt und berücksichtigt werden, welche unterschiedlichen Auswirkungen sie für Frauen und Männer haben. Um diese Aufgabe in Erfurt künftig noch besser wahrnehmen zu können, braucht es eine Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten.

Wir wollen die demokratische Teilhabe in Erfurt stärken und weiterentwickeln. Viele Menschen wünschen sich effektive Möglichkeiten, um sich direkt, themenorientiert und ganz konkret in politische Diskussionen und Entscheidungen einbringen zu können. Allzu oft mangelt es noch an öffentlicher und gründlicher Beratung der öffentlichen Angelegenheiten mit der Bürger*innengesellschaft. Die Weiterentwicklung demokratischer Beteiligungsformen ist deshalb eine zentrale Herausforderung für die Zukunft. Dazu bedarf es eines breiten gesellschaftlichen Diskurses. Wir wollen insbesondere in dialogorientierten Verfahren Bürger*innen sowie Akteur*innen aus Politik und Verwaltung frühzeitig in Entscheidungsprozessen zusammenbringen. Denn eine qualitätvolle Öffentlichkeitsbeteiligung hilft, Konflikte innerhalb der Bürger*innengesellschaft sowie zwischen den Bürger*innen, den Volksvertreter*innen und der Verwaltung zu vermindern. Wir wollen die Qualität und die Professionalität von Bürger*innenbeteiligung durch verbindliche Rahmenbedingungen sowie durch die Bereitstellung von ausreichenden finanziellen und personellen Ressourcen sichern.

Integration ist keine Einbahnstraße –Willkommenskultur leben und unterstützen

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen konsequent für eine Kultur des Willkommens und wir haben uns auch deshalb im Stadtrat dafür stark gemacht, Erfurt zum sicheren Hafen zu erklären. Aber warme Worte reichen nicht. Es geht nun darum, sowohl unser Integrationskonzept als auch die Beschlüsse des Stadtrats mit Leben zu füllen. Die Aufnahme und Integration Geflüchteter ist eine der größten Herausforderungen und eine der größten Chancen für unsere Stadt und unsere Region. Zu einer gelingenden Willkommenskultur braucht es sowohl eine klare Haltung der Kommune als auch das Engagement zahlloser Ehrenamtlicher und Helfer*innen. Ihr Engagement gilt es auch in Zukunft besonders zu unterstützen und zu würdigen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden zudem Integration als Querschnittsaufgabe stärken. Eine wichtige Funktion kommt dabei dem Integrationsbeauftragten und den Menschen zu, die in der Beratung und Begleiteten von Geflüchteten tätig sind.

Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Die Stadt Erfurt muss sicherstellen, dass allen Geflüchteten passende Sprachkurse angeboten werden, die mindestens auf das grundlegende Sprachniveau A1 führen. Die Vernetzung und Koordination der Angebote muss höchste Priorität haben.

Die meisten Geflüchteten wollen so schnell wie möglich Arbeit finden. Wir wollen die Kooperation der Stadt mit der Arbeitsagentur und externen Beratungsstellen – beispielsweise zur Anerkennung von Berufsabschlüssen – voranbringen, um einen Fahrplan für die berufliche Integration zu entwickeln.

Unser Ziel bleibt die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten im gesamten Stadtgebiet in Wohnungen. Dies hilft zum einen bei der Integration, sorgt aber auch dafür, der Segregation von vornherein zu begegnen.

Alle öffentlichen Einrichtungen müssen sich auf die größere Vielfalt einstellen. Deshalb sind die kultursensible Fortbildung der städtischen Mitarbeiter*innen und die Übersetzung aller Informationsmaterialien besonders wichtig. Unser Integrationskonzept gilt es in diesem Sinne kontinuierlich fortzuentwickeln.

Wir wollen die verbliebenen humanitären Spielräume im Ausländerrecht im Sinne der Betroffenen nutzen. Diskriminierungen von Asylsuchenden und Geduldeten werden wir weiter abbauen, wie schon mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte auf Landesebene geschehen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen konsequent für Bargeld statt Sachleistungen. Abschiebungen von Familien oder besonders Schutzbedürftigen aus Schulen, Kindergärten oder in der Nacht wird es mit uns nicht geben.

Jugendarbeit: zusammen aktiv werden und bleiben

Erfurt hat einen Jugendförderplan, der bis 2021 gilt. Mit diesem ist die Grundlage für eine gute Jugendarbeit gelegt. Und dank steigender Finanzierung der örtlichen Jugendförderung durch das Land hat Erfurt gute Voraussetzungen für die weitere Umsetzung.

Es muss uns darum gehen, allen Jugendlichen frühzeitige und vorsorgende Angebote zu eröffnen – unabhängig von individuellen Problemlagen. Zudem braucht Jugend Freiräume und Möglichkeiten, mit selbstverwalteten Projekten aktiv zu werden. Wir wollen die aufsuchende Jugendarbeit und die Schulsozialarbeit ausbauen und weiterentwickeln. Die freie Jugendarbeit soll ebenfalls organisatorisch und finanziell gefördert und eingebunden werden.

Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Verbesserung der politischen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Die Jugendbeteiligungsstruktur BÄMM! und das Schüler*innenparlament gilt es auch künftig zu unterstützen und gemeinsam mit dem Jugendhilfeausschuss zu evaluieren.

Inklusion ist eine Frage der Haltung

Inklusion ist ein Thema, das weit über Schulpolitik hinausreicht. Unser Ziel in Erfurt ist es, Barrieren, auch in den Köpfen, abzubauen und allen Menschen die gleichberechtigte Teilhabe am soziokulturellen Leben sowie an Bildung, Ausbildung und Arbeit zu ermöglichen.

Wir wollen in der Stadtverwaltung die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen bei gleichwertiger Qualifikation spürbar erhöhen. Gleiches gilt für die Möglichkeit von Ausbildungen innerhalb der Stadtverwaltung.

Keine Gewalt gegen Frauen und Kinder

Frauenzentrum und Frauenhaus sind aus unserer Sicht kommunale Pflichtaufgaben. Erfurt braucht mehr Unterstützung für die Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt. Wir wissen, dass die Erfurter Stadtgesellschaft Hasskriminalität und Geschlechterdiskriminierung entschieden entgegentreten kann. Dafür wollen wir gern eine Kampagne für eine diskriminierungsfreie und geschlechtergerechte Repräsentation aller Menschen in der Erfurter Öffentlichkeit auf den Weg bringen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN räumen dem Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Kinder oberste Priorität ein und werden Betroffenen auch in Zukunft rechtsverbindlich Schutz und Hilfen bereitstellen. Um Frauenhandel und Zwangsprostitution wirksam zu bekämpfen, sind die Betroffenen zu stärken. Ein dauerhaftes Bleiberecht für sie ist unentbehrlich.

Vielfalt und Akzeptanz fördern, Antidiskriminierungsarbeit etablieren

Alltägliche Diskriminierung begegnet vielen Menschen in Erfurt: Neben Menschen mit Behinderung und Frauen sind auch andere Personengruppen wie Lesben, Schwule und trans*Personen oder People of Colour betroffen. Um bestehende Diskriminierung abzubauen und zu einer vielfältigeren Stadtgesellschaft beizutragen, wollen wir, eng angegliedert an die Gleichstellungsbeauftragte, eine Antidiskriminierungsstelle für Erfurt schaffen. Diese soll bestehende Initiativen, die sich gegen Diskriminierung einsetzen, vernetzten und lokale Institutionen wie z.B. Jugendclubs, Schulen und Familienberatungsstellen sowie die Verwaltung für Diversität sensibilisieren. Außerdem soll sie von Diskriminierung Betroffenen dabei helfen, passende Beratungs- und Begegnungsangebote zu finden.

Weil bisher vor allem für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*- und inter*Personen diese Beratungs- und Begegnungsangebote fehlen, setzen wir uns weiterhin für ein Queeres Zentrum in Erfurt ein. Nach dem Vorbild bereits bestehender Angebote wie der „RosaLinde“ in Leipzig, wollen wir damit ein Angebot schaffen, dass in der Bevölkerung für mehr Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt wirbt und gleichzeitig Betroffene von homo- und transfeindlicher Diskriminierung unterstützt. Besonders für schwule, lesbische und trans*Jugendliche sind Unterstützung beim Coming-out, spezialisierte Beratung und geschützte Austauschmöglichkeiten mit anderen queeren Jugendlichen extrem wichtig.

Sowohl bei der Antidiskriminierungsstelle als auch beim Queeren Zentrum ist es wichtig, dass genügend finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Es braucht Hauptamtliche, die selbst eine Betroffenen-Perspektive haben und sich dieser wichtigen Aufgabe annehmen.

Menschen vor Obdachlosigkeit, Kälte und Hunger schützen

Menschen, die kein Zuhause haben oder von Obdachlosigkeit betroffen sind, brauchen insbesondere im Winter Schutzräume, Übernachtungsstätten und Zugang zu sanitären Einrichtungen sowie medizinischer Versorgung. Mit dem Haus Zuflucht für Männer und der Unterkunft wohnungsloser Frauen und Frauen mit Kindern gibt es zwei wichtige Anlaufstellen. Gerade in den kalten Monaten gilt es jedoch, weitere Schutzräume zu öffnen, auch für Paare oder Menschen mit Suchterkrankungen, damit niemand ohne eigenes Zuhause Gefahr laufen muss, Opfer von Gewalt oder Kälte zu werden. Der Stadtrat hat die Verwaltung aufgefordert, auch Containerlösungen zu prüfen. Bislang gibt es in Erfurt keinen Kältebus. Er wäre eine weitere Möglichkeit, um Menschen in den Wintermonaten aufsuchend Hilfe zukommen zu lassen. Dankbar sind wir Jahr für Jahr für das Engagement des Restaurants des Herzens. Unsere Unterstützung brauchen zudem die Tafel und weitere niedrigschwellige Angebote für Menschen ohne Bleibe. Hier sehen wir auch die Stadt in der Pflicht.

Das Geburtshaus dauerhaft sichern

Im Erfurter Geburtshaus sind schon viele Kinder geboren worden. Außerdem erfahren dort werdende und junge Eltern wichtige Unterstützungsleistungen, Beratung und Begleitung.

Lange wurde das Geburtshaus vom Land über die Stiftung Familiensinn gefördert. Künftig läuft die Finanzierung über das Landesprogramm Solidarisches Zusammenleben. Allerdings reicht die Förderung nicht annähernd, um die kontinuierliche und verlässliche Arbeit im Geburtshaus sicherzustellen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind der Meinung, dass die Stadt Erfurt eine institutionelle Förderung des Geburtshauses auf den Weg bringen muss, um diese wichtigen Angebote in der erforderlichen Qualität dauerhaft zu sichern.

Erfurt soll Familienstadt bleiben

Erfurt soll eine der familienfreundlichsten deutschen Großstädte werden. Dafür brauchen wir eine Infrastruktur mit gut aufgestellten Kitas und Schulen und qualifiziertes Fachpersonal. Ebenso gehören dazu eine familienfreundliche Verwaltung, Frei- und Grünflächen, kinderfreundliche Erholungsangebote und eine kinderfreundliche Verkehrspolitik.

Erfurt aktiv gegen Armut

Uns ist bewusst, dass auch in Erfurt Kinder von Armut bedroht und betroffen sind. Besonders oft sind hier Alleinerziehende und ihre Kinder sowie kinderreiche Familien betroffen. Kinderarmut ist ein Armutszeugnis für eine reiche Gesellschaft. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen, dass jede*r am soziokulturellen und sportlichen Leben unserer Stadt teilhaben kann, unabhängig vom Geldbeutel. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Angebote wie freie Tage in Museen erhalten bleiben und für alle sonstigen Angebote Sozialstaffelungen zur Anwendung kommen. Der Zugang zu Sportvereinen oder zur Musikschule muss der Einkommenssituation aller interessierten Bürger*innen gerecht werden. Wir wollen gern auch Pilotprojekte anderer Kommunen übernehmen, um in der Armutsbekämpfung voranzukommen.

Sicherheit neu denken

Ein Thema in Erfurt ist auch die Sicherheit. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen sich sachlich den Herausforderungen in diesem Bereich stellen. Wir positionieren uns klar gegen eine falsche oder überspitzte Darstellung der Realität. Erfurt ist eine sichere Stadt. Nichtsdestotrotz müssen wir Gewalt, Diebstähle, rassistische und sexistische Übergriffe ernst nehmen und einen sinnvollen Umgang mit dem Verkauf und Konsum von Drogen finden.

Für Letzteres setzen wir auf Prävention und soziale Konfliktlösung, statt mit der oft beschworenen „harten Hand“ bestehende Probleme lediglich zu verdrängen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellen sich aus grundsätzlichen Erwägungen gegen die so genannten „Gefahrenzonen“, das Alkoholverbot in weiten Teilen der Innenstadt sowie eine Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen – und damit gegen eine Politik der Abschreckung, der Augenwischerei und der Verdrängung vermeintlich unerwünschter Personengruppen. Wir wollen Polizist*innen als Bürger*innen und Ansprechpartner*innen in Uniform begreifen, dich sich auf Augenhöhe in der Stadt bewegen. Und wir wollen eine vernetzte und integrierte Stadtplanung, die auch Streetwork, Sozialarbeit und aufsuchende Hilfen mit einbezieht, um gemeinsam Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Sicherheit lässt sich nicht verordnen, sondern muss von allen Beteiligten auch als solche empfunden werden. Damit sich wirklich etwas für die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl aller Menschen in Erfurt tut, wollen wir mit der Stadtverwaltung und dem Ordnungsamt ein langfristiges, präventives Sicherheitskonzept entwickeln. Dazu sollen stadtplanerische Maßnahmen, verbesserte Beleuchtungssysteme und sozialarbeiterische Maßnahmen („Streetwork“) gehören. Darüber hinaus wollen wir antirassistische Initiativen und Vereine und Institutionen, die sich gegen Gewalt stark machen, sowie Aktionen und Bündnisse für Zivilcourage unterstützen.

Anstelle von ineffizienter Videoüberwachung und Kriminalisierung von Menschen kommen damit die eingesetzten Finanzmittel echten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation zugute. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist klar: Sicherheitspolitik muss nachhaltig gesellschaftlichen Problemen gerecht werden.

Selbsthilfe und Prävention stärken

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich ein für den Ausbau der Kommunalen Präventionskette entlang individueller Biografien und den Vorrang beratender Hilfen gegenüber lebenslangen Abhängigkeiten in sozialen Sicherungssystemen. Dafür braucht es gute Arbeitsbedingungen für alle Sozialarbeiter*innen. Wir machen uns stark für bedarfsorientierte Hilfen insbesondere im Bereich Jugendhilfe, für eine sozialpädagogische Übergangsbetreuung für volljährig gewordene Jugendliche aus betreuten Wohngruppen und die Unterstützung und Verstetigung der Angebote der offenen Jugendhilfe in den Stadtteilen. Dabei sind im Sinne der sozialen Durchmischung besonders stadtteilübergreifende Projekte zu fördern. Hierfür braucht es eine Verbesserung des Personalschlüssels im Jugendamt angesichts steigender Fallzahlen, insbesondere im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD). Unser Ziel ist außerdem die Stärkung der Elternarbeit, um Probleme in der Familie früh und nachhaltig lösen zu können.

Sucht ist eine Krankheit und hat viele Facetten. Entscheidend sind auch hier die Prävention und die Aufklärung. Menschen, die suchtgefährdet oder abhängig sind, brauchen Beratungs- und Hilfsangebote, um aus der Sucht ausbrechen zu können. Diese gilt es auch in Erfurt kontinuierlich zu stärken und deren Vernetzung mit Schulen und der Jugendarbeit auszubauen 

Ein Problem ist ganz klar der teilweise verlogene Umgang mit Drogen. Während Alkohol oftmals akzeptiert wird, werden von anderen Drogen Abhängige schnell kriminalisiert oder stigmatisiert. Süchtige gibt es jedoch in allen Altersgruppen und in allen Teilen der Gesellschaft. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen die Augen vor diesen Problemen nicht verschließen. Gerade in Diskotheken, bei Partys und auch zur vermeintlichen Leistungssteigerung sind Drogen weit verbreitet. In Erfurts Abwasser wurden erst unlängst auffällig hohe Werte an Crystal Meth nachgewiesen.

Deswegen möchten wir darauf hinwirken, dass Menschen um die Gefahren und Wirkmechanismen sowie Folgen der Suchtmittel wissen. Gleichzeitig werben wir für einen Bewusstseinswandel: Der Konsum von Drogen, ob legal und illegal, kann weder komplett verhindert werden, noch ist er grundsätzlich verwerflich. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich ein für eine Gesellschaft, die die Rahmenbedingungen für einen selbstbestimmten, risikobewussten Drogenkonsum schafft. Nur so können Probleme mit dem Drogenhandel bewältigt und Drogentote verhindert werden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, neben Aufklärung und Beratung in Erfurt ein Pilotprojekt für so genanntes „drug checking“ und sichere Konsumräume auf den Weg zu bringen. Dadurch sollen Konsument*innen ihre Drogen auf ungewöhnlich hohe Substanzkonzentrationen und gefährliche Substanzen überprüfen sowie auf sauberes Drogengeschirr zurückgreifen können. Das holt den Konsum von der Straße, verhindert Infektionen durch dreckiges Drogengeschirr und schafft Zugang zu Beratung und Suchthilfe.

Wir setzen auf Hilfe zur Selbsthilfe – Beratungsnetzwerke ausbauen

Ob Schwangerschaft, Schule oder Pflege: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen, dass Erfurter*innen in jeder Lebenssituation Anlaufstellen für Beratungen vorfinden. Daher setzen wir uns dafür ein, dass das Netzwerk der Beratungszentren in unserer Stadt ausgebaut wird. Dabei sollte die individuelle, biografieorientierte und passgenaue Beratung im Vordergrund stehen. Um das zu erreichen, ist es dringend notwendig, alle Beratungsakteur*innen zu vernetzen und an einen Tisch zu holen.

Erfurts Bahnhofsmission braucht Räume

In Erfurt hat sich 2017 die Ökumenische Bahnhofsmission gegründet. Der Verein besteht ausschließlich aus Ehrenamtlichen und betreut als „Engel am Zug“ seit Juni 2017 jeden Freitag hilfesuchende Reisende. Und deren Zahl wächst stetig. Trotz vieler Unterstützungsbekundungen hat der Verein noch immer keine festen Räumlichkeiten am Erfurter Hauptbahnhof finden können. Erfurt als ICE-Knotenpunkt kann es sich nicht leisten, kein adäquates Angebot an den Verein zu machen. Wir sehen hier Stadt und Bahn in der Pflicht und können uns vorübergehend auch eine Containerlösung direkt im Bahnsteigsbereich vorstellen.

Mit Mut und Haltung gegen Hass und Hetze: Gemeinsam für ein mitmenschliches Erfurt

Nationalistische und rassistische Übergriffe auf Schutzsuchende oder Menschen mit Migrationshintergrund gibt es auch in Erfurt immer wieder. Hinzu kommen rassistische oder homophobe Beleidigungen, strukturelle Diskriminierung und Ausgrenzungserfahrungen.

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist klar: Wir zeigen jedweder Form von Rassismus, Nationalismus und Ausgrenzung die rote Karte. Die Stimmen der Rechten, die unsere Stadtgesellschaft spalten wollen, sind lauter geworden. Und wir sind froh über all die engagierten Menschen, die sich dem konsequent entgegenstellen und sich immer wi(e)dersetzen.

Deshalb halten wir auch an der Förderung des Lokalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus der Stadt Erfurt (LAP) fest und unterstützen Initiativen, die Hass und Hetze Paroli bieten, wie die Flüchtlingshelfer*innen, die Aktiven der Seebrücke Erfurt oder Initiativen gegen Rechts. Hass und Menschenfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz. Einen ruhigen Rückzugsraum wird es in Erfurt weder für organisierte Nazis noch für antidemokratische Rechte geben. Konsequent, mutig und gewaltfrei setzen wir uns für eine offene, solidarische und emanzipierte Gesellschaft ein.

Opfer von rassistischer Gewalt brauchen Hilfe und Unterstützung, genauso wie öffentliche Institutionen Beratung und Aufklärung. Hierfür müssen Beratungsangebote wie ezra oder mobit noch besser bekannt gemacht werden.

Die Beteiligung aller Menschen und der Ausbau von Lebens- und Begegnungsorten stärken ein vielfältiges Leben in Erfurt. Wir setzen uns dafür ein, dass die Stadt für migrantische Selbstorganisationen eine verlässliche Partnerin wird. Mit uns finden sich Wege und Möglichkeiten, Migrant*innen aktiv an der Stadtpolitik zu beteiligen.

Vom Ausländerbeirat zum wirkmächtigen Integrationsbeirat

Den Ausländerbeirat wollen wir, wie im Integrationskonzept angedacht, zusammen mit seinen Repräsentant*innen zu einem wirkmächtigen Integrationsbeirat weiterentwickeln, der Sprachrohr für alle in Erfurt lebenden Menschen mit Migrationshintergrund wird. Dafür braucht er die volle Unterstützung der Stadtverwaltung.

Religionsfreiheit achten – Respekt leben

Das Grundgesetz garantiert die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses und die ungestörte Religionsausübung. Erfurt ist eine weltoffene Stadt, in der Menschen unterschiedlichsten Glaubens und verschiedener Weltanschauungen leben. Wir begrüßen diese Vielfalt ausdrücklich. Wie vom Oberbürgermeister bereits zugesagt, wollen wir in Erfurt einen Runden Tisch der Religionen und Weltanschauungen etablieren, um miteinander ins Gespräch zu kommen und Vorurteile durch Begegnung und ein Miteinander auf Augenhöhe abzubauen.

Wir haben Respekt davor, ob und woran Menschen glauben. Dass es in Erfurt neben unseren vielen Kirchen und der Synagoge auch Moscheen und andere Gotteshäuser gibt, gehört zur Lebenswirklichkeit im 21. Jahrhundert dazu.

Kultur und Bildung

Kultur und Bildung

Erfurt verfügt über eine sehr breite und vielfältige Kulturlandschaft, die für jeden Geschmack und jede Bürgerin und jeden Bürger etwas zu bieten hat. Das Angebot reicht vom Theater Erfurt mit den Opern, Konzerten und den Domstufenfestspielen, über das Theater Waidspeicher, den Zoopark, die SCHOTTE, DASDIE und Alte Oper, das Naturkundemuseum, bis hin zum Jazzkeller, den Wächterhäusern, dem Zughafen, dem KulturQuartier, dem Kontor und der Saline 34. Das ist nur ein kleiner, exemplarischer Ausschnittaus einer lebendigen Kulturstadt, die gerade in den letzten Jahren durch eine quirlige, kluge und innovative Freie Szene zusätzliche regionale und überregionale Aufmerksamkeit erlangt hat. Diese Vielfalt (auch an Festivals) ist ein Schatz, eine Bereicherung und eine Freude für die Stadtgesellschaft. Diesen Schatz gilt es zu pflegen, zu fördern, zu achten und in seinem Reichtum und seiner Kreativität anzuerkennen. Nicht zuletzt verbindet uns Kultur mit der ganzen Welt.

Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas

Die Förderung von Kunst und Kultur ist eine öffentliche Aufgabe. In einer wachsenden Stadt muss Politik die Rahmenbedingungen und Freiräume für Kunst, Kultur, Kreativität und Experimente schaffen. Denn die Kultur einer Stadt fördert auch den sozialen Zusammenhalt, gibt Raum für Kontakte, kritischen Austausch, regionale, nationale und internationale Begegnung, Vertrauen und Kommunikation. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, dass Kunst und Kultur für alle zugänglich ist.

In den letzten Jahren haben wir dazu schon viel erreicht, von der Stabilisierung der Kulturförderung über die Unterstützung der Freien Szene, die Etablierung eines Kulturdialogs zwischen Verwaltung, Politik und Freier Szene bis zur Installierung eines Kulturlotsen. Daran wollen wir weiterarbeiten. Wir wollen die vorhandene kulturelle Infrastruktur in Erfurt bewahren und zugleich neue Akzente setzen.

Soziokultur, Innovation und die Freie Szene

Chancengleichheit beim Zugang zu Kulturangeboten ist ebenso notwendig wie die kulturelle Bildung für Jung und Alt. Die Sozio- und Stadtteilkultur hat dabei eine besondere Bedeutung. Wir werden die kulturellen Zentren in den Stadtteilen stärker in den Blick nehmen und nach Kräften unterstützen. Dazu möchten wir die Mittel für die Breitenkultur ab 2019 im städtischen Haushalt auf 250.000 Euro erhöhen, die Mittel für Kunst auf 50.000 Euro.

Neben den klassischen Kulturangeboten (Theater, Museen) möchten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor allem lokale Initiativen der Freien Szene, Projekte der Soziokultur und der Kunst, Kinder- und Jugendtheater sowie interkulturelle Projekte mit Geflüchteten ausreichend fördern. Hier gilt es vor allem, Bundesprogramme stärker zu nutzen, als dies bisher geschieht.

Einen Tag pro Monat mit freiem Eintritt in die städtischen Museen werden wir weiterhin vorhalten.

Ein wichtiger Baustein der Förderung ist die institutionelle Förderung, etwa von KinoKlub, Tanztheater, SCHOTTE, Kunsthaus, Imago. Sie gibt Sicherheit, Verlässlichkeit und Stabilität. Wir wollen diese Förderung im Haushalt fest verankern und mit einer jährlichen Steigerung von mindestens drei Prozent versehen. Die institutionelle Förderung muss zugleich darauf achten, neue Entwicklungen nicht zu übersehen.

Wir setzen uns weiter für eine kulturfreundliche Verwaltung ein, die ein offenes Ohr für die besonderen Anliegen kultureller Akteur*innen hat. Der Abbau von bürokratischen Hürden gehört ebenso dazu wie eine verlässliche politische Unterstützung der Kulturverwaltung. Deshalb wollen wir, dass der „Kultur-Trialog“ fortgesetzt und intensiviert wird, etwa durch Vor-Ort-Sitzungen und den Gang in die Ortsteile. Wir treten zudem dafür ein, Vertreter*innen der Freien Szene an Entscheidungen im Rahmen des Kulturkonzepts und bei dessen Fortschreibung zu beteiligen.

Der Kulturlotse ist ein hervorragender Ansprechpartner für Kulturschaffende in Erfurt und leistet eine ausgezeichnete Arbeit. Angesichts der Vielfalt an Kulturakteur*innen, gerade auch in den Ortsteilen, braucht es eine*n zweite*n Kulturlots*in, die oder der selbstverständlich auch über ein eigenes Budget in Höhe von 30.000 Euro verfügen muss.

Ein Budget für kurzfristig geplante Events und Aktionen der Kulturszene soll im städtischen Haushalt eingerichtet werden.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen einen anderen Umgang mit Kulturimmobilien. Wir dürfen diese Häuser, Orte, Liegenschaften nicht auf Verschleiß fahren, sondern müssen rechtzeitig ihren Erhalt betreiben. Diese neue, vorausschauende Liegenschaftspolitik schließt eine Konzeptvergabe von städtischen Objekten unbedingt mit ein. Ein Raum-Management für Kulturakteur*innen soll es auch geben.

Wir unterstützen die Realisierung von so genannten Spontanpartys/Spontanevents nach dem Modell der Stadtverwaltung Halle. Für acht vordefinierte Orte im Stadtgebiet (z.B. Grillplätze, öffentliche Flächen) wird eine vereinfachte Veranstaltungsanzeige unter bestimmten Bedingungen ermöglicht. Ziel ist es, ein bürgerfreundliches Angebot zum vorhandenen Bedarf bereitzuhalten. Das setzt eine intensive Kommunikation mit der Bürgerschaft voraus, auch um mit eventuell aufkommenden Müll- und Lärmproblemen umgehen zu können. 

Seit Jahren drängen wir auf ein Graffiti-Konzept. OQPaint, Wall of Fame und die Veröffentlichung von freien Flächen auf der Website der Stadt sind dringend notwendig.

Unbedingt wichtig sind uns Erhalt und Unterstützung der Erfurter Clubszene, speziell in der Engelsburg, dem Klanggerüst, dem Bandhaus und im Stadtgarten. Deren weitere Entwicklung werden wir kritisch begleiten und die Stimme der Studierenden sowie des Hochschul- und Studierendenbeirates ausdrücklich mit einbinden. Deshalb können wir uns im Erfurter Stadtzentrum auch einen Ort gut vorstellen, der als ein Haus studentischer Projekte in die Stadtgesellschaft ausstrahlt.

Erfurt hat sich zu einem Schwerpunkt der Kultur- und Kreativwirtschaft entwickelt. Beispiele dafür sind das Krämerloft, der Zughafen, das Kontor und das KulturQuartier Altes Schauspielhaus. Die Kreativwirtschaft braucht ein dynamisches Umfeld, niedrige Mieten, eine stärkere Vernetzung und eine Stadtverwaltung, die ihr soziales und ökonomisches Potential erkennt. Deshalb wird die Kreativwirtschaft auch Teil unseres Handelns in Bereich der Wirtschaftsförderung sein.

Museen und Erinnerungsorte

Das Angermuseum braucht dringend mehr Leucht- und Strahlkraft nach außen. Es muss Besucher*innen anlocken. Deshalb wollen wir im Foyer des Museums ein Café etablieren und uns für die Möglichkeit eines Buchverkaufs einsetzen. Die Nutzung des Innenhofs als Café, Bar, Weingarten – wie es schon mal war – wollen wir ebenfalls erreichen.

Museen werden zusätzlich attraktiv durch ein pädagogisches Angebot, das es in vielen europäischen Städten schon gibt. Deshalb brauchen wir in Erfurt dringend mindestens zwei Stellen für Museumspädagog*innen. Diese sollen für alle Altersgruppen Angebote erstellen.

Stellen in der Kulturdirektion werden viel zu zögerlich nachbesetzt und sind viel zu lange vakant. Das belastet die Mitarbeiter*innen und betrifft auch die Kulturschaffenden auf vielfältige Weise negativ. Deshalb wollen wir eine zügige und auskömmliche Wiederbesetzung von Verwaltungsstellen nicht nur in der Kulturdirektion.

Ein Museumsentwicklungskonzept ist dringend nötig. Wir wollen es auf den Weg bringen.

Wir unterstützen die Entwicklung und Entstehung eines Landesmuseums auf dem Petersberg, das die wichtigsten Aspekte der Landesgeschichte für alle Bürger*innen in Thüringen vermittelt. Es kann sich als „Fenster zu Thüringen“ hin öffnen und auf andere Museen im Land verweisen. Die Kirche St. Peter und Paul soll durch die Einbindung in das Landesmuseum ihrerseits neu erschlossen und entsprechend der denkmalpflegerischen Voraussetzungen ertüchtigt werden. Die Kirche kann dabei selbst Zeugnis und Bestandteil der Ausstellung und des Ausstellungskonzepts sein – und ein eigener Veranstaltungsort mit besonderer Atmosphäre.

Ein aufwändiges und teures Geschichtsportal im Areal Krönbacken lehnen wir ab. Der Krönbacken soll als Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst erhalten und ausgebaut werden. Deshalb treten wir für eine Umgestaltung des gesamten Areals ein, das den Krönbackenhof zur Allerheiligenstraße hin öffnet und den Innenhof in einen kulturellen Stadtplatz verwandelt.

Ausgesprochen wichtig sind für uns Orte einer lebendige Erinnerungskultur wie das Deserteursdenkmal, der Erinnerungsort zum so genannten „Judenreferat der Gestapo“ im Thüringer Landtag, die Gedenknadeln oder die Erinnerungsorte für die Opfer des NKWD. Der Erinnerungsort Topf & Söhne ist inzwischen ein international bekannter und beachteter Ort der kritischen Reflexion über Menschenrechte, Gewalt und Vernichtung. Deshalb werden wir im Erinnerungsort Topf & Söhne in Abstimmung mit dem Land Thüringen eine dritte Mitarbeiter*innen-Stelle einrichten und die Mittel für Honorare deutlich erhöhen.

Die Bewerbung um den Titel „UNESCO-Weltkulturerbe“ mit dem jüdisch-mittelalterlichen Erbe wird von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich unterstützt. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde des Mittelalters ist ein integraler Bestandteil der Erfurter Stadtgeschichte. Als Weltkulturerbe wird die Geschichte des jüdischen Lebens in Erfurt eine weitere Strahlkraft über die Stadtgrenzen hinaus erzeugen können.

Kultur und Bildung brauchen, stützen und verstärken sich gegenseitig

Gute Bildungschancen für alle von Anfang an sind unser erklärtes Ziel. Dazu gehört auch, Inklusion zu leben und allen Teilhabe zu ermöglichen.

Bildung beginnt bei den Kleinsten mit frühkindlicher Bildung in unseren Kindergärten, -krippen und in der Kindertagespflege. In Erfurt fehlen auf absehbare Zeit mindestens 500 Kita-Plätze. Schon jetzt kann der Rechtsanspruch darauf teilweise nicht erfüllt werden. Deshalb fordern BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dringend den Bau von mindestens fünf neuen Einrichtungen, denn unsere Kinder, egal woher sie kommen, können darauf nicht warten. Gleichzeitig gilt es, in naher Zukunft die Sanierungen der Kindergärten und Kitas abzuschließen.

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist eine wohnortnahe Kita-Versorgung wichtig. Wir wollen sicherstellen, dass Eltern Wahlfreiheit und möglichst kurze Wege zur Betreuung ihrer Kinder haben. Unser Ziel ist es außerdem, weitere Tagespflegepersonen zu gewinnen, die für ihre Arbeit auch angemessen bezahlt werden. Denn für keine Familie darf der Kita-Platz daran scheitern, dass sie die Gebühren nicht aufbringen kann!

Das Erfurter Kita-Online-Portal ist in seiner momentanen Form nicht praktikabel genug. Wir wollen mit den verschiedenen Trägern von Kindertageseinrichtungen in den Dialog treten, um geeignete Lösungen zur bedarfsgerechten Nutzung des Portals zu finden und tatsächlich alle Einrichtungen einzubeziehen. Ziel muss sein, einen kompletten Überblick über die Belegung aller Einrichtungen und sämtliche freien Plätze zu erlangen.

Wir wollen für alle Erfurter Kindereinrichtungen, unabhängig von der Trägerschaft, eine gesunde und regionale Essensversorgung sicherstellen. Stark machen wir uns, wie im OB-Wahlkampf versprochen, für die Wiedereinführung des Essensgeldzuschusses für einkommensschwache Familien.

Erfurt braucht gut ausgestattete Schulen

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für gute Schulen für alle Kinder. Wichtig ist uns die Pluralität der Angebote. Eltern und Kinder sollen auch künftig frei entscheiden können, welche Bildungseinrichtung sie wählen. Die Umsetzung des Schulnetzplans werden wir konstruktiv begleiten und die beschlossenen Maßnahmen konsequent einfordern. Alle Kinder verdienen gleichermaßen Respekt, Förderung und Anerkennung. Kein Kind darf zurückgelassen werden, denn Inklusion ist ein Menschenrecht und für uns maßgeblich eine Frage der Haltung.

Die Erfurter Schullandschaft ist geprägt durch die konzeptionelle Vielfalt staatlicher und freier Schulen. Gemeinsam konnten in den letzten Jahren Übergangslösungen bei Schulsanierungen oder Ausweichstandorten gefunden werden. Diese gute Zusammenarbeit gilt es beizubehalten und weiter zu fördern.

Außerschulische Lernorte, wie zum Beispiel die Fuchsfarm oder der Lernort Petersberg, sind eine große Bereicherung für die Schüler*innen sowie für die Stadt. Wir setzen uns für die Stärkung dieser vielfältigen Angebote ein. Ebenso wollen wir Initiativen unterstützen, die digitale Bildung und Kompetenzen außerschulisch fördern.

Erfurt als Anziehungspunktfür junge Familien mit Kindern

In den nächsten Jahren stehen wir bei der Sanierung von Schulen und beim Schulneubau vor immensen Herausforderungen. Wir unterstützen die Einrichtung eines städtischen Eigenbetriebs Schulen, wenn dieser konzeptionell und finanziell untersetzt ist, ebenso wie eine serielle Bauweise, wollen aber mehr Möglichkeiten für individuelle Schulkonzepte, beispielsweise für die inklusive Arbeit mit Schüler*innen schaffen. Das „Erfurter Raumprogramm für allgemein bildende Schulen“ (ERaS) bildet dafür eine gute Grundlage.

Wir bestehen bei diesen Vorhaben auf einer ökologischen und nachhaltigen Bauweise. Alle Schulen sollen Energiesparschulen werden, um je nach ihren Möglichkeiten mehr Energie zu erzeugen als sie benötigen und so einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Gleichzeitig können die Stadtwerke beim Bau und Erlös beispielsweise von Solaranlagen finanziell profitieren.

Zur Finanzierung und Konzeptionierung dieser Vorhaben wollen wir durch einen Bürger*innenbeteiligungsprozess eine gute und breit getragene Lösung erreichen. Dabei sehen wir die Stadtverwaltung in der Pflicht, verschiedene Konzepte zur Diskussion vorzulegen.

Erfurt verfügt über eine plurale Bildungslandschaft, auch in der Erwachsenenbildung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für die Erhaltung und den Ausbau der Weiterbildungsangebote der Volkshochschule und der freien Träger ein. Dazu bedarf es einer kontinuierlichen und verlässlichen Förderung. Insbesondere die Angebote zur Stärkung der politischen und menschenrechtsorientierten Bildung sind für uns, neben den Kursen für Familien und Senior*innen, wichtig.

Um die Einnahmen von städtischen Familienangeboten wie Zoopark, ega und Museen langfristig zu erhöhen, sollten „Zahl was du willst“-Angebote in Form von freiwilligen Eintrittspreisen – bei der ega zum Beispiel saisonal in der bislang kostenlosen Wintersaison – getestet und eingeführt werden. Das ehemalige Aquarium am Nettelbeckufer und andere Einrichtungen in Deutschland, zum Beispiel der Zoo Münster, haben bereits gezeigt, wie das geht. 

Der Erfurter Familienpass wird von Erfurter Familien sehr gut angenommen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für die Fortführung dieser freiwilligen Leistung, die allen Eltern mit Kindern zugutekommt. Wir wollen prüfen, ob und wie der Familienpass künftig digital erscheinen kann und somit für Familien praktikabler, für die Stadt günstiger und für die Umwelt nachhaltiger wird.

Wissenschaftstärken

In Erfurt gibt es drei Hochschulen: die Universität, die Fachhochschule und die private Adam-Ries-Hochschule. Mehr als 10.000 Studierende leben, lernen und arbeiten in Erfurt (und feiern hier auch). Erfurt ist ein guter Ort für eine exzellente Ausbildung. Wir wollen, dass möglichst viele der Absolvent*innen hierbleiben. Dafür wollen wir Hochschulen und Studierende besser in die Stadt einbinden. Die Hochschulen brauchen dafür einen direkteren Zugang zur Stadtverwaltung. Die Stelle der*des Beauftragten der*s Oberbürgermeister*in muss deutlich aufgewertet und finanziell besser ausgestattet werden. Studierende leisten Praktika in der Stadtverwaltung, die ein Interesse haben sollte, gute Köpfe als Nachwuchskräfte zu gewinnen, also Angebote zu machen.

Die Beteiligung des Hochschul- und Studierendenbeirates muss verbessert werden. Der Beirat soll bei mehr Themen, insbesondere Mobilität oder Wohnungspolitik, aktiv einbezogen werden.

Damit Erfurt ein attraktiver Hochschulstandort bleibt, soll sich die Stadt Erfurt in Zusammenarbeit mit dem Studierendenwerk um Räumlichkeiten für Veranstaltungen und als Aufenthaltsort ohne Konsumzwang bemühen. Zudem sollen studentische Initiativen und Projekte wie selbstverwaltete Räume oder Cafés für die Studierendenschaften Erfurts erleichtert möglich gemacht und von städtischer Seite unterstützt werden.

Wesentlich dank der Initiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist die Stadt im Bereich Nachhaltigkeit vielfältig und erfolgreich unterwegs. Als eine der wenigen deutschen Kommunen hat sie bereits fünfmal die Auszeichnung als BNE-Kommune erhalten. Diese Auszeichnungen sind auch der Zusammenarbeit mit diversen Initiativen an den Hochschulen zu verdanken, etwa InnoNet BNE der Universität Erfurt. BNE, die Bildung für Nachhaltige Entwicklung, wollen wir aufwerten und stärker finanziell unterstützen.

Wohnen wird teurer in Erfurt. Das trifft gerade auch die Studierenden. Wir werden uns für eine Wohnungsplattform einsetzen, die mit den Wohnungsgenossenschaften und dem Studierendenwerk gemeinsam Wohnraum für Studierende bekannt macht und anbietet. Hierbei muss besonders innenstadtnahes Wohnen für Studierende vereinfacht werden.

Gute Rahmenbedingungen für den Sport

Sport ist Bewegung, soziale Kompetenz, Ehrenamt, Integration, Jugendarbeit, Gesundheit und Freude am Leben. Unsere Sportvereine und der nicht organisierte Sport übernehmen wichtige gesellschaftliche Aufgaben, für die sie eine verlässliche kommunale Förderung und entsprechende Sportstätten sowie frei zugängliche Spiel- und Bewegungsräume brauchen. Hier hat Erfurt in den vergangenen Jahren viel geleistet. Doch bei einigen Sporthallen und vor allem bei den Sportfreiflächen besteht noch Nachholbedarf. Da Erfurt weiter wächst, braucht es dringend die dritte Schwimmhalle. Alle Sporttreibenden, besonders aber Kinder und Jugendliche, möchten wir durch die kontinuierliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für ihren Sport motivieren und ihnen unsere Wertschätzung ausdrücken.

Wir engagieren uns für die Fortschreibung des Sportstättenentwicklungsplans mit Unterstützung externer Gutachter*innen zur Unterstützung der Beantragung von Fördermitteln. Zustand, Bewertung und Entwicklungsplanung der Sporthallen und Sportfreiflächen müssen klarer gegliedert und nach Prioritäten geordnet werden. Wir machen uns stark für die dynamische Fortschreibung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit dem Stadtsportbund sowie die damit verbundene Förderung als ein erprobtes Erfolgsmodell. Wir werben für die weitere Sportförderung wie etwa die Kinder- und Jugendpauschale oder die Förderung von Wettkämpfen in angemessener Höhe.

Wir setzen uns ein für die konsequente Fortsetzung der begonnenen Sanierung aller unserer Sporthallen. Längst überfällig ist die Sanierung der Sporthalle in der Mittelhäuser Straße, in der kleine und große Turner*innen trainieren. Kurzfristig muss im städtischen Haushalt eine Investitionssumme für eine Übergangslösung (Containerlösung) eingestellt werden. Die gesamten Investitionskosten für den notwendigen und sinnvollen Umbau der Sporthalle für die nächsten fünf Jahre sind so schnell wie möglich im Haushalt zur Verfügung zu stellen.BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN treten ein für vielfältige Würdigungen der ehrenamtlichen Leistungen im Vereinssport, für Fitness-Parcours für Jung und Alt, zum Beispiel im Steiger. Wir stehen für eine gleichwertige Unterstützung des Spitzen- und Breitensports sowie auch vereinsfreier Aktivitäten wie das Boule-Spielen, von Stadt- und Benefizläufen oder auch des Stadtradelns, für das wir noch weit mehr Menschen gewinnen wollen.

Gute Arbeit, Wirtschaft und Digitales in Erfurt 

Moderne Verwaltung – digitale Verwaltung

Wir vertreten die Auffassung, dass sich eine moderne Verwaltung als Dienstleisterin für Bürger*innen und Wirtschaft begreifen sollte. Deshalb werden wir auch weiterhin darauf hinwirken, unnötige Bürokratie abzubauen und die Kundenzufriedenheit bei städtischen Dienstleistungen zu erhöhen. Zur Erreichung dieser Ziele unterstützen wir ausdrücklich das Leitbild einer agilen Verwaltung sowie die Ausweitung der Aktivitäten im Bereich der digitalen Verwaltung (unter Berücksichtigung eines „Open Government“-Leitbildes).

Wir wollen eine Verwaltung, bei der die Bürger*innen einen Großteil der Verwaltungsdienstleistungen online erledigen kann. Ein moderner Bürgerservice bietet die Beantragung von Personalausweis, Reisepass oder sozialen Leistungen per Internet von zu Hause aus an. Das spart in vielen Fällen den Weg zum Bürgeramt und entlastet sowohl die Verwaltungsmitarbeiter*innen als auch die Bürger*innen selbst. Informationen sollen elektronisch bereitgehalten, an alle Benutzer*innen übermittelt oder auch von diesen entgegengenommen werden. Damit das gelingen kann, braucht es in allen städtischen Liegenschaften schnelle Internetanschlüsse.

Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen erhöhen

Die Zufriedenheit und Gesundheitsförderung der städtischen Angestellten ist BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein wichtiges Anliegen. Angesichts des hohen Krankenstandes und sich verändernder Lebenssituationen setzen wir uns dafür ein, dass Mitarbeiter*innen, die freiwillig ihre Arbeitszeit reduzieren wollen, dies umgehend und ohne Benachteiligung tun können. Einen konzeptlosen Personalabbau auf dem Rücken der kommunalen Angestellten lehnen wir ab. Es braucht vielmehr eine strategische Nachbesetzung von unbesetzten Stellen, um die Mitarbeiter*innen jetzt zu entlasten.

Willkommenskultur im Bürgerservice

Erfurt profitiert von internationalen Fachkräften und Studierenden. Eine bürger*innenfreundliche Verwaltung muss dem gerecht werden. Eine Willkommenskultur für Fachkräfte und Studierende, aber auch für Schutzbedürftige beginnt in der Verwaltung. Wir fordern die deutsch-englische Zweisprachigkeit als Standard für alle Mitarbeiter*innen der Verwaltung mit Bürger*innenkontakt. Ein „Welcomecenter“ soll in Kooperation mit den Hochschulen eingerichtet werden und Angebote für den Bedarf der Zielgruppe bündeln.

nachhaltiges Wirtschaften

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehören Ökologie und Ökonomie zusammen. Damit wir in Erfurt zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen, neue Wachstumsmärkte erschließen und dabei unsere Lebensgrundlagen bewahren, heißt unser Ziel: ressourcenschonendes, nachhaltiges Wirtschaften. Mit grünen Ideen können auch in Erfurt schwarze Zahlen geschrieben werden. Dabei hat die Stadt Erfurt als öffentliche Auftraggeberin direkten Einfluss auf Löhne und Arbeitsbedingungen und einen fairen Wettbewerb, in dem Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden und eine effektive Gleichstellungspolitik gefördert wird.

Dem Handwerk und KMU einen grünen Boden bereiten

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie das Handwerk bilden das Rückgrat der Erfurter Wirtschaft. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen, zur ökologischen Modernisierung und zur regionalen Wertschöpfung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, dass das Handwerk sowie kleine und mittelständische Unternehmen in Erfurt weiterhin gute Standortbedingungen vorfinden und auch in Zukunft Ausschreibungsmodalitäten so gestaltet werden, dass lokale Betriebe gute Chancen bei der Auftragsvergabe haben.

Erfurts Wirtschaft wird nachhaltiger

Wir wollen eine Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe unter ökologischen und sozialen Kriterien erreichen und zugleich den eingeschlagenen Weg der Fairtrade-Stadt Erfurt weitergehen. Flächen für Industrie- und Gewerbestandorte wollen wir nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten ausweisen. Dazu zählt auch, Gewerbe – wo möglich – in die Höhe zu bauen, statt neue Flächen zu versiegeln.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kämpfen für eine andere Art des Wirtschaftens – eine, die auch abseits von Wachstum funktionieren kann und in der menschliche Bedürfnisse nicht hintangestellt werden. Alternative Projekte, die solche neue Formen ausprobieren, möchten wir in Erfurt besonders stärken. Wir wollen eine Expert*innengruppe einsetzen, die untersucht, wie lokale Bürger*innenläden zum Verkauf von beispielsweise selbstgezogenem Obst und Gemüse gefördert werden können.

Unternehmensgründungen und Start-up-Initiativen fördern

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erkennen die wichtige Rolle von Unternehmer*innen ausdrücklich an. Wir setzen darauf, dass Erfurt weiterhin von ihren innovativen Impulsen profitiert. Dazu wollen wir insbesondere Neugründungen unterstützen.

Wir möchten Baugrund bevorzugt an „Green Start-ups“ vergeben, die sich am Prinzip der Nachhaltigkeit orientieren. Hierzu sollen insbesondere keine neuen Flächen versiegelt, sondern im Stadtgebiet nachverdichtet werden, indem ungenutzte und verfallende Gewerbe- oder wirtschaftliche nutzbare Flächen zum Ankauf zur Verfügung gestellt werden. Für den Verkauf von innerstädtischen Gewerbeflächen streben wir eine Konzeptvergabe an, die sozial-ökologische Standards in den Vordergrund stellt.

Kreativwirtschaft

Erfurt ist mit seinen zahlreichen Firmen in der Medienbranche und den vielen Akteur*innen der Kreativwirtschaft auf einem guten Weg. Die Kultur- und Kreativwirtschaft gilt als wesentlicher Faktor für die Innovationsfähigkeit einer Region. Ihre Wirkung ist eng verknüpft mit den Hochschulen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass in Erfurt bestehende Projekte wie kreative Gründungszentren und Start-up-Initiativen weiter unterstützt werden und weitere sich entwickeln können. Wir wollen diese Szene sowohl kommunal mehr fördern, als auch verstärkt Landesförderungen dafür nutzen. Dabei soll die Netzwerkarbeit zwischen den Kreativen und zwischen Wirtschaft und Kreativwirtschaft gestärkt werden. Künstlerische Berufe haben ein Recht auf vernünftige Bezahlung. Wir wollen angemessene Honorare für Künstler*innen, Pädagog*innen und Techniker*innen bei Kulturveranstaltungen und eine entsprechende Förderung für freie Träger, die ein solches Entgelt ermöglicht.

Für einen nachhaltigen Tourismus in Erfurt

Erfurt ist seit Jahren Ziel eines stetig steigenden Besucher*innenstroms. Damit Erfurt für Einwohner*innen wie für Besucher*innen (er)lebenswert bleibt und gleichzeitig vom Tourismus profitiert, ist ein Konzept für nachhaltigen, sanften Tourismus unerlässlich.

Nachhaltiger Tourismus zeichnet sich dadurch aus, dass er ökologisch tragfähig und gerecht für alle beteiligten Menschen ist, während er zugleich wirtschaftlich sinnvoll gestaltet wird. Wichtig für nachhaltigen Tourismus sind vor allem die Bereiche Mobilität, Erhalt von Natur und Kultur, soziale Arbeitsbedingungen, lokale Wertschöpfung sowie Verbrauch von Ressourcen.

Städtische Unternehmen

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekennen sich zur kommunalen Daseinsvorsorge. Wir setzen uns dafür ein, dass sowohl die Bürger*innen, als auch die Wirtschaft Dienstleistungen weitestgehend aus einer Hand erhalten. Die Frage „privat, genossenschaftlich oder kommunal?“ darf nicht mit ideologischem Reflex beantwortet werden. Wir lehnen Unternehmensverkäufe zur schnellen Haushaltssanierung ab und setzen uns für nachhaltige und sachliche Entscheidungen in jedem Einzelfall ein.

Soziale und ökologische Kriterien gehen vor

Städtische Unternehmen erweisen der Stadt Erfurt einen großen Dienst, ihnen gegenüber trägt die Stadt jedoch auch Verantwortung. Bei Ausschreibungen darf keinesfalls nur der Preis eine Rolle spielen. Ebenso wichtig sind für uns soziale und ökologische Kriterien wie die Bezahlung nach Tarif und eine umweltfreundliche Arbeitsweise des Unternehmens. Energie für städtische Gebäude und Einrichtungen sollte überwiegend aus nachhaltiger Erzeugung bezogen werden.

Mit ökologischen und sozialen Investitionen Erfurts Zukunft gestalten

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine solide und nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik, verbunden mit der Zielsetzung eines ausgeglichenen Haushalts. Das umfasst künftig auch eine andere Gewichtung. Anstelle von Investitionen in den Straßenbau bevorzugen wir Investitionen in Bildung, Kultur und eine nachhaltige Stadtentwicklung.„Ohne Moos nichts los“ – dieses Sprichwort trifft auch im Bereich Umwelt- und Naturschutz zu. Darum setzen sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENdafür ein, dass Umwelt- und Naturschutz auch mit den notwendigen Haushaltsmitteln untersetzt werden. Dazu zählen beispielsweise die Förderung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen, die Bereitstellung der notwendigen Mittel für den Radwegebau und Energieeffizienzmaßnahmen, die Förderung von umweltbezogenen Veranstaltungen, Tagungen und Kongressen. Dazu gehört auch die selbstverständliche Förderung von Umweltgruppen und -verbänden. Erfurt sollte vorhandene Förderprogramme noch besser abrufen und damit nutzen können. Dafür wird es notwendig sein, das dafür zuständige Umwelt- und Naturschutzamt deutlich zu stärken. 

Dass Umweltschutz und Haushalt durchaus zusammengehen, sehen wir aktuell Jahr für Jahr an tendenziell sinkenden Energiekosten der Stadt Erfurt: trotz steigender Energiepreise sind die Gesamtkosten für die Stadt leicht rückläufig, weil mit jeder städtischen Sanierung auch eine energetische Optimierung verbunden ist.

Wichtig ist uns auch, dass kommunale Finanzanlagen so schnell wie möglich 
klimafreundlich und sozial (Divestment) werdenIn Summe führen also Energieeffizienzmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden zu sinkenden Energiekosten für die Stadt. Daher machen wir uns für langfristige Investitionen in die energetische Sanierung von städtischen Gebäuden stark. Schließlich sollte sich Erfurt unserer Ansicht nach selbst verpflichten, städtisches Geld nicht fossil anzulegen.

Erfurts finanzielle Eigenständigkeit sichern

Wir wollen die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt Erfurt bewahren, damit es auch weiterhin Spielräume für eigenständige Entscheidungen in unserer Stadt gibt. Um eine langfristige Planungssicherheit für die verschiedenen Vereine und Verbände sicherzustellen, setzen sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiterhin für die Praxis des Doppelhaushalts ein.

Geschlechtergerechtigkeit fängt bei den Finanzen an

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen dafür eine Expert*innengruppe aus Verwaltung und Politik bilden. Diese soll dazu verpflichtet sein, jährlich die Fortschritte bei der Transparenz der im Haushalt abgebildeten Information im Sinne von „Gender Budgeting“, d.h. der Überprüfung der Verwendung städtischer Gelder zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit, nachzuweisen. Denn nach wie vor sind die Aufbereitung von kommunalen Dienstleistungen und den dahinterstehenden Finanzflüssen ungeeignet, um die geschlechtsspezifische Verteilungsgerechtigkeit überprüfen zu können.

Den digitalen Wandel proaktiv gestalten

Die Digitalisierung hat und wird unsere Gesellschaft grundlegend verändern. Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen wir hierbei enorme Chancen, unsere Vision einer liberalen, nachhaltigen und sozial gerechten Gesellschaft voranzutreiben. Wir sprechen uns deshalb für eine Initiative „Digitales Erfurt“ aus, die sich diesem Grundsatz verpflichtet fühlt.

Menschen zusammenbringen, „Do it yourself“-Initiativen unterstützen

Digitale Plattformen bieten zahlreiche Möglichkeiten, die Gemeinschaft in den verschiedenen Stadtteilen zu stärken. Wir werden uns für Onlineangebote stark machen, die den Austausch in den Stadtvierteln erleichtern. Konkret werden darüber Veranstaltungen in den Stadtvierteln wie Straßenfeste oder kulturelle Veranstaltungen bekannt gemacht. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, Sharing-Angebote zu stärken oder „Do it yourself“-Initiativen wie Repair-Cafés zu unterstützen.

Green-IT

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befürworten ausdrücklich den Einsatz von „Green-IT“. Deshalb wollen wir darauf hinwirken, dass die Stadtverwaltung umweltfreundliche, energieschonende Hardware nutzt und entsprechend betreibt. Gleiches gilt für die Arbeit im Stadtrat. Auch hier müssen digitale Prozesse optimiert bzw. ausgebaut werden, um nicht zuletzt den Papierverbrauch zu reduzieren.

Barrierearmut und Benutzerfreundlichkeit der städtischen Website

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen sich für eine städtische Website stark machen, die dem Konzept der Barrierearmut folgt. Dazu gehören beispielsweise das Angebot von Texten in leichter Sprache sowie die Einführung einer Audioversion der Textinhalte für Menschen mit einer Sehbehinderung oder Leseschwäche.